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     20.
           Jahrhundert / III.,
           Jahrhundertbuch der Gottscheer, Dr. Erich Petschauer, 1980.  
            
            
           Schlußakkord in Moll 
            
      Einige Wochen des Lagerlebens waren vergangen und des Suchens, Fragens
      und  Schreibens nach den engsten Verwandten, Freunden und Nachbarn war
      kein Ende. 
      Endlich trafen die ersten Briefe aus den Vereinigten Staaten ein, familiäre
       Freudensbotschaften und Trauernachrichten, aber auch die Ankündigung,
        daß Hilfe vorbereitet werde. 
         
      Im Jahre 1946 bewiesen die Amerika-Gottscheer, daß der in Jahrhunderten 
      gewachsene Geist der Nachbarschaftshilfe in den Steinwüsten der Millionenstädte 
      nicht erloschen war. Nach umfangreichen Vorbereitungen wurde 1946 das "Gottscheer-Hilfswerk" 
      mit dem Ziel ins Leben gerufen, den schwer geprüften Landsleuten in 
      Europa so rasch und so umfangreich wie möglich beizustehen. Über 
      das Zustandekommen der Hilfsorganisation berichtet das Festbuch anläßlich 
      ihres 25 jährigen Bestehens das Folgende: 
       
      "Bei den Hauptversammlungen der Gottscheer Vereine in Ridgewood wurden 
      bereits im Januar 1945 provisorische Komitees erstellt, die sich mit dem 
      Problem einer Hilfsaktion befassen sollten. Das Ende des Krieges, mit seinen 
      chaotischen und grausamen Folgen für unsere Landsleute in Europa, drängte 
      zur Tat. Um dem an den Folgen einer tragischen Politik der Kriegsmächte, 
      im Elend gestrandeten Gottscheer Völklein zu helfen, war eine großzügige 
      und koordinierte Hilfsaktion notwendig. Da die Satzungen der bestehenden 
      Gottscheer Vereine für ein solches Unternehmen nicht geeignet waren, 
      wurde am 23. Mal 1945 eine Versammlung ins Gottscheer Klubhaus einberufen, 
      an welcher sich folgende Vereine beteiligten: 
       
      - Gottscheer Kranken-Unterstützungsverein 
      - Österreichischer Männer-Kranken-Unterstützungs-Verein 
      - Gottscheer Central Holding Company 
      - Gottscheer Männerchor 
      - Gottscheer Damenchor 
      - Deutsch-Gottscheer Gesang-Verein 
      - Gottscheer Vereinigung. 
       
      Später traten noch der Gottscheer Kranken-Unterstützungs-Verein 
      von New York, der Gottscheer Kegelklub und der Fisch- und Jagdklub bei, 
      und nach seiner Gründung im jähre 1951 auch der Fußballklub 
      Blau-Weiß Gottschee. 
       
      Aus deren Reihen wurden dann 19 Vertreter als provisorischer Beamtenstab 
      für das Hilfswerk erwählt. Sogleich wurde mit Geld- und Kleidersammlungen 
      begonnen. Leider gab es noch keinen Postverkehr nach Europa, und außerdem 
      waren Sendungen an Privatpersonen oder Gruppen nicht erlaubt. Nur kirchlichen 
      Organisationen war es gestattet, Medikamente an Lazarette und Flüchtlingslager 
      zu senden. 
       
      Im März 1946 schloß sich das Gottscheer Hilfswerk der "Katholischen 
      Kriegshilfe Konferenz' (N. C. W. C.) an und steuerte 6000 Dollar bei, mit 
      der Erwartung, daß die notleidenden Gottscheer in Europa wenigstens 
      teilweise bei der Verteilung in den verschiedenen Ländern berücksichtigt 
      werden. 
       
      Nach Überwindung vieler Schwierigkeiten gelang dann am 15. April 1946 
      endlich die gesetzliche Eintragung des Gottscheer Hilfswerkes (Gottscheer 
      Relief Association, Inc.). Zu betonen wäre hierzu, daß damit 
      das Gottscheer Hilfswerk als erste Organisation in Amerika befugt war, für 
      die eigenen Landsleute zu arbeiten. Jetzt lief die Arbeit mit großem 
      Schwung an. Aus jeder Ortschaft wurde ein Vertrauensmann beauftragt, die 
      Anschriften der Landsleute einzubringen und in kurzer Zeit wurden mehr als 
      2000 Gottscheer Familien erfaßt. Die Relief News, nach Bedarf erscheinend, 
      sorgten laufend für die nötige Aufklärung unter den Landsleuten, 
      und die darin enthaltene Spalte "Verwandte und Freunde gesucht", 
      stellte für Hunderte die seit Jahren unterbrochene Verbindung wieder 
      her. Durch die enge Verbindung zum N. C. W. C. konnten wichtige Informationen 
      eingeholt und veröffentlicht werden. Ein Appell im Gottscheer Dialekt 
      wurde zwei Monate lang, eine halbe Stunde wöchentlich, über den 
      Sender WWRL ausgestrahlt. Korrespondenzen, Drucksachen, Radiosendungen die 
      vielen Reisen, besonders späterhin Transportkosten usw., wurden von 
      den betreffenden Amtierenden aus privaten Geldern bestritten und alle gesetzlichen 
      und sonstigen Arbeiten vollkommen kostenlos erledigt. 
       
      Als dann die noch heute bestehende Hilfsorganisation "Care" entstand, 
      wurde sofort Verbindung aufgenommen und bald darauf wurden die ersten 1000 
      Care-Pakete zum Preis von 15.000 Dollar abgeschickt. Zu dieser Sendung steuerte 
      auch die Cleveland-Gruppe 5000 Dollar bei. In den nächsten Jahren folgten 
      dann noch weitere 3000 Care-Pakete. Tonnen von Kleidern sowie Milch- und 
      Eierpulver. 
       
      Zunehmend wurde es schwieriger, die finanziellen Mittel aufzutreiben. Wohl 
      deckten die Spenden im ersten Jahr alle Ausgaben mit einem Überschuß, 
      auch die oben angeführten landsmännischen Vereine stellten zwei 
      Jahre alle Einnahmen ihrer Vereinsveranstaltungen dem Hilfswerk zur Verfügung, 
      jedoch mußte für neue Einnahmsquellen gesorgt werden, sollte 
      die Hilfsaktion nicht ins Stocken geraten. So wurde am 29. Juni 1947 das 
      erste Picknick und Wohltätigkeitsfest in Franklin Square abgehalten, 
      welches nicht nur ein ausschlaggebender finanzieller Erfolg war, sondern 
      das größte aller Feste der Gottscheer wurde. Niemand ahnte damals, 
      daß dieses Picknick fortan der Treffpunkt der Gottscheer aus aller 
      Welt sein sollte. Nach 25jähriger ununterbrochener Folge ist dieses 
      Fest mit seinen großen und kleinen Begebenheiten und Aktivitäten 
      zum festen Bestandteil der Volkstradition geworden. 
       
      Am 26. Oktober wurde das Gottscheer Gedenkbuch herausgegeben. Außer 
      dem finanziellen Beitrag, den dieses Buch damals leistete, wird es allen 
      Verantwortlichen und Mitarbeitern immer zur Ehre gereichen, daß sie 
      mit dieser Publikation ein historisches Werk für die nachfolgende Generation 
      geschaffen haben. 
       
      In diesen Monaten erreichte die Sammel- und Hilfsaktivität ihren Höhepunkt 
      und die Sendungen an die bedürftigen Landsleute gingen regelmäßig 
      nach Europa. Hunderte von freiwilligen Mitarbeitern zählte damals das 
      Hilfswerk; alle steuerten Zeit und Geld bei; die Opferbereitschaft kannte 
      keine Unterschiede; es galt alles nur den in Not und Elend befindlichen 
      Landsleuten. Die Verteilung überließ man vertrauensvoll den in 
      den Nachkriegsjahren in Österreich und Deutschland organisierten Hilfsvereinen 
      und Vertrauensleuten. Die Zukunft unserer Heimatlosen in Europa war in eine 
      Wolke der Trostlosigkeit und Verzweiflung gehüllt, notdürftig 
      in Lagern untergebracht, teilweise zur Untätigkeit verdammt und auf 
      fremde Hilfe angewiesen, oder als Land- oder Hilfsarbeiter um den Lebensunterhalt 
      der Familie kämpfend. Auf die Dauer waren diese Zustände nicht 
      tragbar. Wegen dem nicht endenden Zustrom von Flüchtlingen war auf 
      eine Hilfe von staatlicher Seite in Deutschland und Österreich zur 
      Seßhaftmachung der Gottscheer Flüchtlinge damals nicht zu rechnen. 
       
      Der einheimischen Bevölkerung der österreichischen Länder 
      aber sei an dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt. 
       
      Das damals nicht reichlich vorhandene brüderlich geteilte Brot hat 
      zahllose unserer Flüchtlinge vom Hungertode bewahrt. Einen Ausweg aus 
      dieser Notlage zu finden, war lebenswichtig. Seit Jahrhunderten waren es 
      die 
      Gottscheer gewohnt, sich das Brot in aller Welt zu verdienen, also mußte 
      wieder eine Auswanderung in Betracht gezogen werden. Auch eine Einwanderung 
      in die USA war damals nicht möglich, so wurden andere Möglichkeiten 
      erwogen, wie Südamerika oder Kanada. Die Verhandlungen mit dem Vizekonsul 
      in Venezuela ergaben kein befriedigendes Resultat. Längere Verhandlungen 
      wurden mit kanadischen Stellen geführt, wo sich wohl eine Möglichkeit 
      der Einzeleinwanderung, aber nicht die einer geschlossenen Ansiedlung ergab. 
       
      In der Zwischenzeit bewilligten die USA die Einwanderungsquote für 
      Deutschland und Österreich für zwei Jahre. Nach vielen Verhandlungen 
      und Überwindung starker Opposition wurde erwirkt, daß die Hälfte 
      dieser Quoten für Volksdeutsche erlaubt wurde. Auf diese Weise sollten 
      in diesen zwei Jahren 23.000 Volksdeutsche Flüchtlinge zur Einwanderung 
      zugelassen sein. Laut Schätzungen der kirchlichen Organisationen gab 
      es damals in Europa mehr als 
      11 Millionen Volksdeutsche Flüchtlinge. Das Gottscheer Hilfswerk, das 
      in dieser Angelegenheit schon viel vorgearbeitet hatte, war bereits im Besitz 
      einer Liste mit 11.000 Namen von Gottscheern, die von unseren Vertretern 
      in den verschiedenen Lagern für eine eventuelle Auswanderung erfaßt 
      worden waren. Durch die Verbindung mit dem N. C. W. C., der damalige Präsident 
      des Gottscheer Hilfswerkes Adolf Schauer war persönlich Mitglied dieser 
      Organisation, und durch unzählige Vorsprachen und Verhandlungen dieses 
      Vertreters, war es möglich, sofort mit der Arbeit für unsere Einwanderer 
      zu beginnen. 
       
      Das zur gleichen Zeit laufende "Displaced Persons-Gesetz", worin 
      jedoch keine Volksdeutschen einbegriffen waren, wirkte sich leider sehr 
      störend auf die Bearbeitung der Einwanderungsgesuche bei den betreffenden 
      Behörden aus. So kam es, daß nach Ablauf der zwei Jahre von der 
      bewilligten Zahl nur 10.400 Volksdeutsche einwanderten, darunter noch viele 
      Unberechtigte. Immerhin waren unter diesen Einwanderern auch 2000 Gottscheer, 
      also beachtliche 20 Prozent anstatt ein Zehntel Prozent des gesamten Flüchtlingsverhältnisses. 
      Leider mußten damals viele unserer Landsleute, die bereits in Salzburg 
      auf ein Visum warteten, enttäuscht wieder umkehren. 
       
      Erst als am 16. Juni 1950 Präsident Truman ein Gesetz unterzeichnete, 
      welches die einwanderungsunterschiede (Discrimination) abschaffte, kam wieder 
      Leben in die Volksdeutsche Einwanderung. Bei den nun folgenden Konferenzen 
      der N. C. W. C. und D. P. C. (Displaced Persons Commission) wurde aber das 
      Problem der Volksdeutschen immer zuletzt behandelt. Unter diesem Gesetz 
      benötigte jeder Einwanderer eine Arbeits- und Wohnungszusicherung (Assurance), 
      die wiederum in großzügiger Weise und Zahl von den Gottscheer 
      Unternehmern hier gestellt wurden. Es war dies keine leichte Angelegenheit, 
      denn die Wohnungen waren damals knapp und die finanziellen Mittel bemessen, 
      und außerdem war sich niemand darüber klar, in welchem Maße 
      der Zusicherungsgeber im Notfalle zur Verantwortung gezogen werden könnte. 
      Bei einer Konferenz in Bellville, III., versprach auch Father Zurin von 
      Missouri Zusicherungen für 50 Gottscheer Familien. Zwei Monate später 
      fand in Milwaukee eine zweitägige Konferenz statt, bei der Bischof 
      Swanstrom vor den D. P. C. und N. C. W. C. - Vertretern sehr stark für 
      das Problem der Volksdeutschen eintrat. Dies belebte die Sache der Einwanderung 
      wieder. Trotz der Schwierigkeiten, genügend Arbeitsplätze und 
      Wohnungen zu beschaffen - unsere Landsleute gingen nur ungern auf "Farmen" 
      - ging einigermaßen alles glatt..." 
       
      Die vorstehenden Ausführungen vermitteln uns nicht nur die Gründungsgeschichte 
      des Hilfswerks, sondern auch ein knappes Bild des Lebens der Gottscheer 
      in New York. Wir erfahren vor allem, daß sie über eine ganze 
      Reihe von Organisationen verfügten 
      mit denen wir uns noch beschäftigen werden. Zunächst bedürfen 
      jedoch zwei Punkte aus dem obigen Zitat einer Erläuterung: 
       
      Die elftausend, von der "Relief Association" ermittelten, hilfsbedürftigen 
      Gottscheer sind nicht gleichzusetzen mit den 1941 von der EWZ durchleuchteten 
      Umsiedungsberechtigten. Natürlich handelt es sich bei dieser Zahl hauptsächlich 
      um Flüchtlinge aus der Untersteiermark, jedoch befanden sich darunter 
      auch Landsleute die unter Umständen bereits Jahrzehnte vorher nach 
      Österreich ausgewandert und nun durch den Kriegsausgang in materielle 
      Not geraten waren. 
       
      Hingegen sind andererseits Flüchtlinge aus irgendwelchen Gründen 
      nicht erfaßt worden. Ferner verdient, festgehalten zu werden, daß 
      die Amerika-Gottscheer nicht nur über ihr Hilfswerk, sondern auch privat 
      noch Unmengen von Paketen nach Europa sandten. Es dürfte schwer sein, 
      in Österreich und Deutschland einen damals bereits erwachsenen Gottscheer 
      zu finden, der dieser großartigen menschlichen Leistung nicht teilhaftig 
      geworden wäre. 
       
      Eine ergiebige Geldquelle wurde dem "Gottschee-Hilfswerk" mit 
      einer ergreifenden Dokumentation der Nächstenliebe erschlossen, dem 
      "Gedenkbuch 1330 - 1947". Unter der redaktionellen Leitung des 
      Rechtsanwalts und Notars John Kikel erarbeitete ein Ausschuß binnen 
      kürzester Zeit ein reich bebildertes Buch mit geschichtlichen Ausführungen 
      über die einzelnen Gottscheer Dörfer und Gemeinden, wie sie bis 
      1933 bestanden. Sinn und Zweck dieses in der Gottscheer Literatur einmaligen 
      Werkes waren jedoch Inserate unterschiedlicher Größe, für 
      welche die Auftraggeber erhebliche Beträge aufwandten. Die weiteren 
      Spender sind unter Angabe ihrer Namen und Herkunftsorte, samt Hausnummer, 
      aufgeführt. Die meisten von ihnen waren schon jahrzehntelang in den 
      USA ansässig. Rund 2300 Namen finden wir dort. 
       
      Es wäre ein unverzeihliches Versäumnis in den Augen der Empfänger 
      von Liebesgabensendungen, würde man die Namen der Männer und Frauen 
      aus dem Gottscheerland, die das "Gottschee-Hilfswerk" gemeinsam 
      ins Leben gerufen haben verschweigen. Neben ihren Namen sollen auch die 
      Herkunftsorte stehen, denn daheim war es alter Brauch, wenn zwei einander 
      fremde Landsleute sich trafen, lautete die erste Frage: 
       
      "Won bu sheitar 
      ?" (Von wo seid Ihr?) 
       
      Dem Gründungsausschuß gehörten laut Festbuch von 1971 am 
      23. Mai 1945 die folgenden Persönlichkeiten an: 
       
      - Frank Deutschmann aus Suchen bei Nesseltal 
      - Alois Fink aus Klindorf 
      - John Kikel als Altlag 
      - Mary Gregoritsch aus Stockendorf 
      - Maria Högler aus Göttenitz 
      - Mary Hönigmann aus Windischdorf 
      - Rudolf Kump aus Buchberg 
      - Mathias Lackner aus Preriegl 
      - Frank Meditz aus Nesseltal 
      - Hilda Meditz aus Nesseltal 
      - Josef Meditz aus Nesseltal 
      - John Petschauer aus Tschermoschnitz 
      - Ferdinand Sbaschnig aus Masereben 
      - Adolf Schauer aus Oberwarmberg 
      - Viktor Schauer aus Niedermösel 
      - Josef Schneller aus Nesseltal  
      - Karl Stalzer 
      aus Büchel 
      - Fanny Staudacher aus Büchel 
      - Ferdinand Stimpfel aus Mooswald 
       
      In ebenso dankbarer Würdigung seien die Namen der bis zum Erscheinen 
      dieses Werkes wirkenden Präsidenten des "Gottschee-Hilfswerkes" 
      bzw. der "Relief Association, Incorporation" genannt: 
       
      - Adolf Schauer aus Oberwarmberg (1946-1950) 
      - John Kikel aus Altlag (1951-1953) 
      - Josef Hoge aus Altlag (1954/55) 
      - Karl Stalzer aus Büchel (1956-1965) 
      - Ernst Eppich aus Unterdeutschau (seit 1966) 
       
      Nicht nur in den Vereinigten Staaten finden große Veranstaltungen 
      der Gottscheer statt, sondern auch in Europa. Die größte Zahl 
      an Besuchern weist jedoch das "Volksfest" im Plattdeutschen Park 
      zu New York auf. Je nach Witterung erscheinen vier- bis fünftausend 
      Besucher. Das "Gottscheer Volksfest" gehört zu den größten 
      landsmannschaftlichen Veranstaltungen der Deutsch-Amerikaner in New York. 
      Der äußere Rahmen und Ablauf entsprechen am ehesten einem überdimensionalen 
      Kirchweihfest daheim, einem "Kirtog". Lange Tische unter alten 
      Bäumen erinnern an irgendein Wirtshaus im "Ländchen". 
      Eine riesige Schallmuschel verrät, daß dieser Park für Volksfeste 
      mit Blechmusik angelegt wurde. Den Gottscheern dient sie jedoch als Rednertribüne. 
      Farbenfrohe Dirndltrachten beleben das heitere Bild. 
       
      Überlagert ist die festliche Kulisse von einem hochgestimmten Schwirren 
      gottscheerischer Laute und dem immer neu aufklingenden Lachen der fröhlichen 
      Festbesucher. In den ersten Jahren des "Volksfestes" wurde das 
      Stimmengewirr vielfach unterbrochen von lauten Zurufen, Menschen stürzten 
      aufeinander zu und hielten sich minutenlang mit den Händen und den 
      Augen fest. Manche hatten sich dreißig, vierzig, andere fünfzig 
      Jahre nicht mehr gesehen. Nachbarskinder, die fast geschwisterlich miteinander 
      aufgewachsen waren, Jugendfreunde und -freundinnen, alte Kameraden aus gemeinsamer 
      Militär- und Kriegszeit hatten sich wieder. 
       
      Und doch besteht ein tiefgreifender Unterschied zwischen dem "Gottscheer 
      Volksfest" in New York und einem "Kirtog" daheim. Wenn sie 
      so beieinander stehen, forscht heimlich jeder im Antlitz seines Gegenübers 
      nach den Gesichtszügen der Kinderzeit - und findet sie, verborgen unter 
      der Erinnerung an das Wunderland der Jugendtage. Alles blüht auf, was 
      damals allein wichtig war, das Elternhaus, das Dorf, seine Kapelle, die 
      unvergessenen Wege vorbei an den Bildstöcken und Feldkreuzen in die 
      Wiesen und Wälder, die oft geheimnisvoll drohenden, dunklen Gottscheer 
      Wälder. Die Spielplätze, die Schule, die Kirche und der Friedhof 
      drängen sich in das Bild, durch das spielende Kinder toben, die Mutter 
      ernst und schweigsam schreitet. Alles kommt ihnen viel größer 
      und reicher vor, als es in Wirklichkeit war, denn die Enge und das Entbehrenmüssen 
      sind vergessen. Viele, viele alte Gottscheer kommen aus der Tiefe des nordamerikanischen 
      Raumes, plötzlich müde geworden des Übermaßes an Fremde, 
      zu diesem Rastplatz der Heimatliebe, die nur noch das versunkene Traumland 
      des Lebensfrühlings gelten läßt. 
       
      Vor dem eingefriedeten Festplatz aber stehen Hunderte jener Zeugen dafür, 
      wie sich harte Arbeit lohnt, Automobile, von denen manche mehr kosten, als 
      ein kleiner oder mittlerer Gottscheer Bauer in seinem ganzen Leben eingenommen 
      hat.  
       
      Ein weiterer 
      Unterschied zu einem heimischen "Kirtog" sind die offiziellen 
      Ansprachen. Zuhause stand die Predigt des Pfarrers im Mittelpunkt. Im "Plattdeutschen 
      Park" werden die Gäste von der Festleitung und dem Präsidenten 
      des "Gottschee-Hilfswerkes" feierlich begrüßt, namentlich 
      jene aus Europa. Unter ihnen befindet sich immer wieder Pater Mathias Schager 
      aus Meierle. Er ist als Pfarrer in Wien tätig. So oft der Pater das 
      "Volksfest" besucht, liest er einige Wochen später in Neu-Gottschee 
      eine Feldmesse. "Neu-Gottschee" ist ein Gelände in der Landschaft 
      Walden, 60 Meilen westlich von New York, das der Gottscheer "Country-Club" 
      erworben und mit weit auseinanderstehenden Landhäusern im gängigen 
      amerikanischen Stil bebaut hat. Trotz der beträchtlichen Entfernung 
      wohnen jedesmal mehrere hundert Gottscheerinnen und Gottscheer dem Gottesdienst 
      bei, um sich von diesem Ereignis mit seinem eigentümlichen Stimmungsgehalt 
      erneut in der Abstammung bestätigt zu fühlen. An der Rückseite 
      des Clubhauses ist, reich mit Grün geschmückt, der Feldaltar aufgebaut. 
      In wenigen Metern Entfernung scharen sich die Gläubigen tief gestaffelt 
      in einem weiten Bogen um den Altar. In ihrer Mitte steht eine Gruppe von 
      Frauen. Sie singen ohne einen Dirigenten die "Deutsche Messe" 
      von Franz Schubert. 
       
      Eine zweite, ländliche Ansiedlung von Gottscheer Landsleuten in aufgelockerter 
      Form befindet sich in Hawley, Staat Pennsylvania. Sie ist in einem Raum 
      von etwa 5 Quadratkilometern verstreut, dort stehen bereits 52 in moderner 
      Art gebaute Einfamilienhäuser auf Grundstücken im Ausmaß 
      von jeweils 5000 bis 50.000 Quadratmetern. Die meisten davon sind direkte 
      Nachbarn. Etwa 20 Gottscheer sind bereits Eigentümer von weiteren Baugrundstücken 
      in diesem Gebiet. Die Gegend liegt zweihundert Kilometer von New York entfernt 
      in der Pocono-Gebirgsregion (eine bekannte und gern aufgesuchte Sommerfrische). 
      Sie ist der Landschaft sowie auch der Seehöhe nach unserer ehemaligen 
      Heimat Gottschee ähnlich. In diesem Raum liegt auch die beliebte Gaststätte 
      "Lukans Farm" der Familie Lukan aus dem Gottscheer Unterland. 
       
      Um das Hilfswerk aufzubauen und mit Leben zu erfüllen und um eine Veranstaltung 
      wie das "Volksfest" aufzuziehen, bedurfte und bedarf es zahlreicher 
      freiwilliger Helfer und einer Anzahl von Männern und Frauen, die organisieren 
      können und bereit sind, sich unter erheblichen, persönlichen Opfern 
      an die Spitze zu stellen. 
       
      Die Präsidenten des Volksfestes waren: 
       
      - 1947 Anton Gliebe 
      - 1948 - 1952, 1959 Ignaz Kreuzmayer 
      - 1954 / 55 Karl Stalzer 
      - 1956 Fred Sumperer 
      - 1960 Albert Belay 
      - 1961 - 1963, 1966 bis heute Richard Eisenzopf 
      - 1964 / 65 Ernst Eppich 
       
      Besonders hervorzuheben ist hier die Leistung von Richard Eisenzopf aus 
      Hohenegg, dem die Festleitung schon 15 Jahre anvertraut wurde. Für 
      seine Verdienste wurde er zum "Ehrenrat" des "Gottscheer 
      Hilfswerks" ernannt und ist Ehrenmitglied der Gottscheer Landsmannschaft 
      in Klagenfurt. 
       Die Kraft 
        für ihre Opferbereitschaft erwuchs ihnen allen aus einem Aufruf des 
        Gewissens, den eine Hinterbergerin in ihrem Inserat in die schlichten 
        Worte kleidete: "Vergeßt den Gottscheer nicht in seiner Not!" 
         
        Die materielle Gesamtleistung der Gottscheer in USA und Kanada ist statistisch 
        nicht erfaßt und wohl auch nicht erfaßbar. Wenn allein schon 
        das "Gottscheer Hilfswerk" den Wert der Liebesgabenpakete, die 
        über seine Organisation abgefertigt wurden, mit rund 100.000 Dollar 
        beziffert, so sind darin die ungezählten Einzelsendungen an Verwandte, 
        Freunde und Unbekannte noch nicht Inbegriffen. Nicht bewertbar ist auch 
        das ideelle Kapital dieser einzigartigen Nachbarschaftshilfe, weil sie 
        sich in Geld nicht ausdrücken läßt. Man kann ihr Vorhandensein 
        bestenfalls erklären und zwar aus der Geschichte des Gottscheerlandes 
        und aus den zahlreichen Vereinigungen zur Pflege gemeinsamer Erinnerung 
        an das ferne "Ländchen". 
         
        Bei der Wahl des Vorstandes des Gottscheer Hilfswerks wurde 1966 Ernst 
        Eppich zum Präsidenten erwählt. Er ist am 10. April 1920 in 
        Unterdeutschau geboren und wanderte 1952 in die USA aus. Der gesamte Vorstand 
        setzte sich damals aus Neueinwanderern zusammen. Diese jungen Leute sind 
        mit aller Kraft und auch einem gewissen Ehrgeiz an die Arbeit gegangen, 
        um zu beweisen, daß sie aus Dankbarkeit für die früher 
        empfangenen Hilfesendungen bereit sind, weiterhin Hilfe an die noch immer 
        in Not befindlichen Landsleute in Europa zu bieten. 
         
        Damals wurde auch das heute noch funktionierende Kulturkomitee gebildet. 
        Sofie Moschner, die Leiterin dieser Vereinigung, hat durch ihre persönliche 
        Hingabe und Bereitschaft den größten Anteil an den Erfolgen. 
        Sie bildete die Gottscheer Trachtengruppe, die bei allen größeren 
        Anlässen und Festlichkeiten in Erscheinung tritt. Alle Gottscheer 
        Vereine mit dem Gottscheer Hilfswerk an der Spitze unterstützten 
        auch den Deutschen Schulverein von New York. Sie erachten es als sehr 
        wichtig, daß die Kinder von Gottscheer Eltern die Deutsche Schule 
        besuchen. 
         
        Der jetzige Leiter des genannten Kulturausschusses, Albert Belay, veranstaltet 
        alljährlich für jung und alt Weihnachtsfeiern im Gottscheer 
        Klubhaus. 
         
        Die alten Weihnachtsbräuche aus der verlorenen Heimat werden erneuert, 
        Gedichte und bekannte Weihnachtslieder werden von Kindern und den Gottscheer 
        Chören vorgetragen. Kinder und betagte Landsleute werden durch Weihnachtsgaben 
        erfreut. 
         
        Seit dem Jahre 1965 beteiligen sich die Gottscheer von New York auch an 
        der großen Steuben-Parade der Deutsch-Amerikaner, die jedes Jahr 
        in der 5th Avenue in New York abgehalten wird. Eine große Anzahl 
        der Mitglieder der angeschlossenen Vereine nehmen daran teil. Die jeweilige 
        Miß Gottschee mit ihren Prinzessinnen, die Gottscheer Trachtengruppe, 
        die alljährlich Aufsehen erregt, sowie eine große Gruppe der 
        jungen Fußballer von "Blau-Weiß Gottschee" marschieren 
        mit. 
         
        In der Vermögensentschädigung hat sich das Gottscheer Hilfswerk 
        mit großer Energie eingesetzt, um die Wiedergutmachung für 
        unsere Landsleute in den USA zu erlangen. Es wäre falsch, einen Mann 
        zu vergessen, der sich voll und ganz für die Entschädigung des 
        Vermögens verwendet hat: Sein Name ist Josef Novak aus der Stadt 
        Gottschee. Schon 1970 wurde er in Anerkennung seiner Verdienste vom Gottscheer 
        Hilfswerk zum "Ehrenrat" ernannt. 
         
        Heute besteht eine reibungslose Zusammenarbeit unter den Gottscheer Organisationen 
        von New York. Diese Tatsache ist nicht zuletzt der umsichtigen Arbeit 
        des Präsidenten 
        des Gottscheer Hilfswerks, Ernst Eppich, und seiner 12 jährigen Amtszeit 
        zuzuschreiben. 
         
        Die erste Vereinsgründung zur gegenseitigen Hilfeleistung in Cleveland/Ohio 
        (1889) wurde bereits dargestellt. Alle Vereinigungen entstanden und bestehen 
        aus Idealismus und dienen kulturellen, sozialen und sportlichen oder rein 
        gesellschaftlichen Zielen. Organisationen mit politischen oder wirtschaftlichen 
        Zielen haben die Gottscheer in der Neuen Welt auf landsmannschaftlicher 
        Basis nicht hervorgebracht. 
         
        Nachstehend verzeichnen wir die in der "Gottscheer Relief Association" 
        zusammengeschlossenen Organisationen, auch jene, die sich nach jahrzehntelangem 
        Bestehen und Wirken aufgelöst haben. Als Quellen dazu dienten das 
        "Gedenkbuch" 1330 bis 1947, die "Jubiläumsschrift" 
        anläßlich des 25jährigen Bestehens des Gottschee-Hilfswerks 
        1971 und Berichte eines Arbeitskreises des Hilfswerkes. 
         
        Der "Gottscheer Männerchor" ist der älteste Gottscheer 
        Verein ganz Nordamerikas, der eine besondere kulturelle Tätigkeit 
        entfaltet. Er wurde am 1. April 1900 gegründet, und hat sich in den 
        nun fast acht Jahrzehnten seines Bestehens den Ruf eines hochstehenden 
        Klangkörpers erworben. Er erfüllt heute noch die bei seiner 
        Gründung gestellte Aufgabe, wie die Pflege des deutschen und des 
        Gottscheer Liedes sowie hilfsbereiter Nachbarschaft bei frohgemuter Geselligkeit 
        nach Gottscheer Art. Der erste Präsident hieß Peter Stonitsch 
        aus Unterdeutschau. Zum ersten Dirigenten wurde Julius Drück, ein 
        zu jener Zeit sehr bekannter Musiklehrer, gewählt. Jetziger Dirigent 
        ist Peter Freund, ein Donauschwabe, der nicht nur hohe musikalische Fähigkeiten 
        besitzt, sondern auch viel Verständnis für das Gottscheer Liedgut 
        mitbringt. Ihm vor allem verdankt der Gottscheer Männerchor seine 
        anerkannten sängerischen Qualitäten. 
         
        Die Seele des Vereins ist jedoch seit dem Jahre 1937 sein Präsident 
        Karl J. Stalzer aus Büchel, Gemeinde Nesseltal. Er wurde 1905 in 
        Newark/USA in jene Gottscheer Generation hineingeboren, die in Scharen 
        in die Vereinigten Staaten auswanderte, aber nur in geringer Zahl wieder 
        heimkehrte, um mit den ersparten Dollars neu zu beginnen. Dies taten auch 
        noch seine Eltern. 1923 zog der 18 jährige seinerseits die Auswanderung 
        in die Vereinigten Staaten, seinem Geburtsland, den immer schwieriger 
        werdenden Lebensumständen in der Heimat vor. Er ließ sich in 
        New York nieder und begründete seine Existenz als Bautischler, wurde 
        Baumeister und Unternehmer. Unmittelbar nach seinem Eintreffen tat er 
        im Gottscheer Vereinsleben mit. Die Landsleute erkannten seine Fähigkeiten 
        und übertrugen ihm zahlreiche Arbeitsposten in den Organisationen, 
        denen nun schon fast 52 Jahre seine Freizeit gehört. Mit ungewöhnlicher 
        Arbeitskraft ausgestattet, gelang es ihm, Ämter wie das des Männerchorpräsidenten 
        mit jenem des ersten Vizepräsidenten der "Relief Association" 
        und Präsidenten derselben Organisation (1956 bis 1965) zu vereinen. 
        Das Gottschee-Hilfswerk verlieh ihm für seine große Leistung 
        den Titel eines Ehrenpräsidenten. Die "Arbeitsgemeinschaft der 
        Gottscheer Landsmannschaften" (Sitz Klagenfurt) zeichnete ihn durch 
        die einstimmige Verleihung des Gottscheer Ehrenringes 1977 aus. Der Ring 
        wurde ihm in einer Feierstunde in New York überreicht. 
         
        1923 erhielt der "Männerchor" ein Gegenstück in dem 
        "Gottscheer Damenchor". Es wurde Brauch, daß die beiden 
        Chöre in jeder Saison als gemischter Chor mit einem umfangreichen 
        Konzertprogramm vor die Öffentlichkeit traten. Der "Gottscheer 
        Damenchor" löste sich 1957 auf. Ein weiteres Beispiel für 
        die Sangesfreudigkeit der Gottscheerinnen in New York stellt der 1937 
        gegründete "Deutsch-Gottscheer Gesangsverein" 
        dar. Derzeitige Präsidentin ist Sofie Moschner, geborene König 
        aus Hohenberg. Ihre Vorgängerinnen waren Elsa Tscherne, Netti Wittmann, 
        Luise Högler und Maria Stampfel-Graf, die vom Verein zu Ehrenpräsidentinnen 
        ernannt wurden. Sofie Moschner, geboren 1922, wanderte 1955 nach New York 
        aus, wo sie sofort eine tatkräftige Mitarbeiterin im Vereinswesen 
        wurde. Große Verdienste hat sie sich, wie schon erwähnt, durch 
        die Gründung einer Trachtengruppe innerhalb des Hilfswerks erworben. 
        Auch ist es ihrem Einsatz zu verdanken, daß das Gottscheer Mundartlied 
        zu einem Mittelpunkt in der Arbeit der "Gottscheer Chöre" 
        (wie der Männerchor und der "Deutsch-Gottscheer Gesangsverein" 
        auch genannt werden) geworden ist. Im Jahre 1967 erbrachte die enge Zusammenarbeit 
        der Chöre eine Schallplatte mit 16 Gottscheer Volksliedern, eine 
        Leistung, die damals einzig dastand und die sich würdig in die verdienstvollen 
        Beiträge zur Erhaltung unseres Kulturgutes einreiht. 
         
        Dieser Frauenchor stützt sich heute nicht mehr allein auf die eingewanderten 
        Gottscheerinnen, sondern auf ihre heranwachsenden Töchter, die bereits 
        ein Drittel der Sängerinnen ausmachen. Sie liefern somit den Beweis, 
        daß die Blütezeit des Chores noch nicht zu Ende ist. 
         
        War schon das Entstehen des "Gottscheer Männerchores" ein 
        Zeichen dafür, daß die Zahl der Einwanderer aus der Sprachinsel 
        bedeutend gestiegen war, wurde diese Tatsache am 24. April 1901 mit der 
        Gründung des "Gottscheer Krankenunterstützungsvereines" 
        unterstrichen. Er ist einer der ältesten Arbeiter-Selbsthilfe-Organisationen 
        Amerikas. Der Mangel an sozialer Fürsorge und das Bedürfnis 
        nach geselligen Zusammenkünften der Gottscheer Landsleute trugen 
        wesentlich zu der Gründung dieses Vereins bei, die Unterstützung 
        der Mitglieder in Krankheits- und Sterbefällen blieben jedoch bis 
        heute der Hauptzweck. Erster Präsident wurde John Krisch. Man erkannte 
        bald, daß der geringe Mitgliedsbeitrag nicht ausreichen würde, 
        die Erfordernisse erfüllen zu können. So entschloß man 
        sich, den inzwischen zur Tradition gewordenen Bauernball ins Leben zu 
        rufen. Dies ergab nicht nur eine Stärkung der Vereinskasse, sondern 
        bot gleichzeitig auch den Mitgliedern und Angehörigen Gelegenheit 
        zu geselligen Zusammenkünften. Dazu fehlte den Gottscheern ein eigener 
        Raum. So war der Ruf nach einem eigenen Clubhaus sehr groß. Der 
        damalige Präsident des Vereines, Gottfried M. Tittmann, wurde der 
        Urheber und Gründer des Gottscheer Clubhauses und der bald darauf 
        folgenden Kinder-Weihnachtsbescherung. Diese leitete durch viele Jahre 
        Adolf Schauer. 
         
        Ein weiterer Verein entstand am 4. Juni 1904 mit dem Namen "Österreichisch-Ungarischer 
        Reservistenbund". Er wurde im Jahre 1907 als "österreichischer 
        Männer-Krankenunterstützungsverein" bekannt. Erster Präsident 
        war Alois Duffek, später zum Ehrenpräsidenten ernannt. Das Motto 
        dieses Vereines war ebenfalls, den in Not geratenen Landsleuten bei Krankheits- 
        und Sterbefällen behilflich zu sein. Am 18. Dezember 1955 vereinigten 
        sich die beiden gleichen Zielen dienenden Vereine. Verdienstvolle Präsidenten 
        des österreichischen M. K. U. V. waren Andreas Stontisch, Adolf Schauer, 
        Ferdinand Matzele, Alois Fink, Hermann Koch und Ferdinand Novak. Wie bereits 
        nach dem Ersten Weltkrieg der Gottscheer K. U. V. die treibende Kraft 
        für Hilfsaktionen war, so kamen auch diesmal aus seinen Reihen die 
        ersten Stimmen, den notleidenden Landsleuten in Europa nach dem Zweiten 
        Weltkrieg zu helfen. Tatkräftig wurde das Vorhaben der Gründung 
        des Gottscheer Hilfsvereines unterstützt. 
        Den Höhepunkt im Hinblick auf die Mitgliederzahl erreichte der Verein 
        wohl im Dezember 1956 mit 530 Mitgliedern. Auch beim Umbau des Gottscheer 
        Clubhauses im Jahre 1962 tat der Verein durch finanzielle Unterstützung 
        ausgiebig mit. Alles wurde getan, um das Heim der Gottscheer in Ridgewood 
        zu vergrößern. 
         
        Den großen Erfolg dieses Vereines kann man auch daran erkennen, 
        daß er bis heute eine halbe Million Dollar an Kranken- und Sterbegeld 
        nebst vielen anderen Unterstützungen auszahlte. Dabei wird nicht 
        nur für die alten Mitglieder gesorgt, sondern auch der Jugend wird 
        durch Errichtung von Stipendien geholfen. Für besondere Verdienste 
        wurden im Laufe der Zeit mehrere Präsidenten zu Ehrenpräsidenten 
        ernannt. Dies sind: 
         
        - Mathias Kump aus Kummerdorf 1903-1906 und 1931-1937 
        - Gottfried M. Tittmann aus Steyr 1910, 1912-1922, 1924-1927 
        - Adolf Schauer aus Oberwarmberg 1924-1930 Präsident im Ö. M. 
        K. V. 
        - Josef Eppich aus Altlag 1962-1969. 
         
        Der jetzige Präsident ist Alois Eppich aus Kukendorf, der diesen 
        Posten bereits elf Jahre bekleidet (1958/59 und seit 1970). Wiederum mit 
        fast gleichem Namen und Programm wurde 1919 eine dritte Wohlfahrtsorganisation 
        ins Leben gerufen, der Gottscheer Kranken-Unterstützungsverein von 
        New York. 
         
        "Gottscheer Vereinigung" nennt sich eine vierte Organisation, 
        die gegenseitige Hilfsbereitschaft und Pflege gottscheerischer Sitte und 
        Art seit 1935 auf ihre Fahne geschrieben hat. Der Gründungspräsident 
        war John E. Loser aus Rieg, der den Verein (mit kurzer Unterbrechung) 
        auch heute noch führt. Loser ist ein tüchtiger Mitarbeiter in 
        der Gottscheer Volksgruppe in New York und seine Leistungen werden hoch 
        bewertet und voll anerkannt. 
         
        Der mitgliederstärkste und in der deutsch-amerikanischen Öffentlichkeit 
        bekannteste Verband ist ein Sportclub, der sich nach den Landesfarben 
        der früheren Sprachinsel den Namen "Blau-Weiß Gottschee" 
        gegeben hat. Der erste Präsident war der Zivilingenieur Albert Belay 
        aus Lienfeld. Er ist 1925 geboren, wanderte 1950 in die Vereinigten Staaten 
        aus und fügte sich sogleich durch die Übernahme bleibender Ämter 
        in das organisatorische Leben der Gottscheer in New York ein. Unter anderem 
        führt er zehn Jahre das Kultur-Komitee der "Relief Association". 
         
        Die Gründung "Blau-Weiß Gottschee" machte den Landsleuten 
        von Anbeginn viel Freude. Der Klub entwickelte sich zeitweilig über 
        längere Strecken zum erfolgreichsten Sportverein des "Deutsch-amerikanischen 
        Fußballbundes". So stieg er 1963 in die Oberliga dieses Verbandes 
        auf. Die bedeutendsten Siege errangen jedoch die Nachwuchsmannschaften, 
        besonders die Knabenmannschaft. Sie erreichte in den Jahren von 1963 bis 
        1968 und 1970 die DAFB-Meisterschaft (Deutsch-amerikanischer Fußballbund) 
        in ihrer Klasse und (eine herausragende Leistung) verlor von 1963 bis 
        jetzt kein einziges Spiel. 
         
        Seit Jahren bestreitet "Blau-Weiß" jede Spielsaison mit 
        zehn oder mehr Mannschaften, ein Unternehmen, welches die Freizeit vieler 
        Mitarbeiter und Betreuer voll in Anspruch nimmt. Seine Präsidenten 
        waren bisher: 
         
        - 1951 Albert Belay (Lienfeld) 
        - 1952, 1953, Erwin Hönigmann (Altlag) 
        - 1954 bis 1961 Josef Hoge (Weißenstein) 
        - 1962 bis 1965 Albert Belay 
        - 1966 bis 1969 Louis Hocevar (Brunnwirt/Gottschee Stadt) 
        - 1970,1971 Albert Petsche (Hinterberg) 
        - 1972 bis 1974 Erwin Jonke (Gottschee Stadt) 
        - 1975 Willy Stalzer (Reichenau) 
        - seit 1976 Ernst Kresse (Ort) 
         
        Neben "Blau-Weiß Gottschee" haben sich viele Gottscheer 
        zu anderen Sport- und naturverbundenen Clubs zusammengeschlossen. Vom 
        Gottscheer Country-Club wird der Wunsch, möglichst oft und lange 
        in einem eigenen Heim unter Gottscheern weilen zu können, organisiert. 
        Die von den Clubmitgliedern entwickelte ziemlich weitläufige Siedlung 
        nennt sich "Neu-Gottschee". Auf dem Gelände steht ein gut 
        ausgestattetes Clubhaus, das seit seiner Errichtung ein viel besuchtes, 
        sommerliches Ausflugsziel der New Yorker Gottscheer darstellt. 
         
        Jagdfreuden verwirklicht der "Green Mountain Hunting Club". 
        Er wurde 1954 gegründet. Sein erster Präsident hieß Hermann 
        Ostermann. Das Jahresprogramm sieht einschlägige sportliche Veranstaltungen 
        sowie die Pflege waidmännischer Traditionen vor. Gegenwärtiger 
        Präsident ist Josef Kofler aus Katzendorf. 
         
        Ein ähnliches jagdsportliches Vereinsleben entfaltet der "Gottscheer 
        Rod and Gun Club". Gegründet 1950, war sein erster Präsident 
        John Köstner. Er besitzt ein ausgedehntes Jagdrevier, dessen Baum- 
        und Wildbestand sich freilich nicht mit jenem in den Gottscheer Wäldern 
        vergleichen läßt. Mit um so größerer Anhänglichkeit 
        pflegt der Club die Erinnerung an die alte, heimatliche "Jagerei". 
        Gegenwärtiger Präsident ist Adolf Petsche aus Unterskrill. 
         
        Besonders ist noch der "Gottscheer-Kegelclub" zu erwähnen. 
        Auch seine Zielsetzung endet nicht im sportlichen Tun, sondern vereinigt 
        die Mitglieder oft und oft zu alt-gottscheerischer Unterhaltung in froher 
        Runde. Erster Präsident war John Kropf, jetziger Präsident: 
        Robert Schlinderer aus Rieg. Dieser Club hat eine beachtliche Zahl von 
        Mitgliedern und ist ein treuer Mitarbeiter in der Gottscheer Gemeinschaft. 
         
        Das Vereinsleben der Gottscheer in New York hätte seine nun bald 
        achtzig Jahre andauernde Regsamkeit mit den zahlreichen geselligen und 
        gesellschaftlichen Veranstaltungen und Versammlungen nicht fortführen 
        können, wäre nicht am 15. März 1924 der erste Schritt zur 
        Gründung der "Gottscheer Central Holding Corporation" getan 
        worden. Die damals bereits bestehenden Vereine beriefen eine Massenversammlung 
        ein. Noch an Ort und Stelle erklärten sich mehr als hundert Personen 
        bereit, der vorgeschlagenen Neugründung, deren Hauptziel die Errichtung 
        eines Clubhauses war, als Aktionäre beizutreten. Bereits im Juni 
        wird die Gesellschaft bei der zuständigen New Yorker Behörde 
        eingetragen. Die Mitgliederzahl war inzwischen auf mehr als 400 angewachsen, 
        das Aktienkapital auf rund 10.000 Dollar gestiegen. Es wurde zum Ankauf 
        des Grundstückes Nr. 657 in der Fairview Avenue im Stadtteil Ridgewood 
        und für die dringendsten Reparaturen am Gebäude verwendet. Die 
        größten Verdienste um das Entstehen der "Gottscheer Central 
        Holding Corporation" erwarb sich Gottfried M. Tittmann, Sohn von 
        Gottscheer Eltern, geboren 1888 in der Stadt Steyr, ist er im Jahre 1902 
        mit Vater und Mutter in die Vereinigten Staaten eingewandert. Er ist gelernter 
        Goldschmied, gründete vor mehr als sechs Jahrzehnten ein eigenes 
        Unternehmen, in dem er noch heute mit seinen Söhnen arbeitet. Aus 
        seiner Lebensleistung für das Gottscheertum sei hervorgehoben: Er 
        war der Gründer der "Central 
        Holding Corporation" und sein erster Präsident. 16 Jahre war 
        er Präsident und 70 Jahre Mitglied des "Gottscheer Kranken-Unterstützungsvereines". 
        In beiden Fällen wurde er von den Mitgliedern zum Ehrenpräsidenten 
        gewählt. 
         
        Im Laufe der Jahrzehnte erfüllte das Clubhaus nach mehreren Ausbauten 
        seine Zweckbestimmung immer besser. Der Durchbruch zum großräumigen 
        repräsentativen Mittelpunkt der Gottscheer in New York wurde jedoch 
        erst 1960 mit dem Ankauf des Nachbargrundstückes möglich. Die 
        Umbauplanung und die erforderlichen Arbeiten leitete der verstorbene Präsident 
        Ferdinand Sbaschnig aus Masereben (1905-1970), dem ein arbeitswilliges 
        Komitee zur Seite stand. Sbaschnig war für diese Aufgabe als Inhaber 
        eines Eisen- und Stahlkonstruktionsunternehmens besonders geeignet. Die 
        feierliche Eröffnung fand am 1. Dezember 1962 unter großer 
        Beteiligung der Gottscheer statt. 
         
        Auch der gegenwärtige Präsident Arthur Tramposch aus Nesseltal 
        betrachtet es als persönliches Anliegen, das Clubhaus in einem ausgezeichneten 
        Zustand nicht nur zu erhalten, sondern noch weiter auszubauen. Arthur 
        Tramposch ist 1904 in Chicago geboren, lebte mit seinen Eltern von 1911 
        bis 1922 in Nesseltal und kehrte in diesem Jahr in die USA zurück. 
        Er blickt auf ein erfolgreiches Leben als Fachmann der Holzbearbeitung 
        im Rahmen einer Großtischlerei zurück. 
         
        So wie das Gottscheer Clubhaus heute dasteht, legt es beredtes Zeugnis 
        ab für die Opferbereitschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl 
        seiner Gesellschafter und Besucher. Seine Anziehungskraft endet nicht 
        an der Stadtgrenze von Groß-New York. Alle Gottscheer wissen, daß 
        dort ein Heimathaus steht, Heimat durch die Menschen, die dort Tag für 
        Tag und Jahr für Jahr aus und ein gehen. Das klingt ein wenig sentimental, 
        aber - es soll kein Vorwurf sein - ein dem materialistischen Zeitgeist 
        verhafteter Zeitgenosse kann sich eben kaum vorstellen, was diese Menschen 
        bewegt, wenn sie manchmal nach langer Zeit wieder mit einem Landsmann 
        in der alten Mundart gatscheabarisch 
        reden können. Am ehesten begreift das noch ein Schwabe, der sich 
        ungemein freut, wenn er in einer anderssprachigen Umgebung auf einen Landsmann 
        trifft, mit dem er schwäbisch "schwätze" kann. Nicht 
        zufällig steht das "Haus der Gottscheer", wie man es auch 
        nennen könnte, in Ridgewood. Von diesem Stadtteil sagt man, daß 
        dort jedes zweite Haus einem Gottscheer gehöre. Die Stadtverwaltung 
        hat wiederholt die auffallende Sauberkeit der Straßen und Häuser 
        in diesem Viertel anerkannt. Dies ist die Repräsentation der Wohngesinnung 
        nach außen.- 
         
        Die große Bedeutung des in New York entstandenen Gottscheer Hilfswerks 
        für alle lebenden Gottscheer rechtfertigt eine eingehende Behandlung 
        seines Entstehens und Bestehens. Dies bedeutet jedoch nicht, daß 
        es außerhalb New Yorks keine oder keine so hilfsbereiten Gottscheer 
        Organisationen gibt und gab wie dort. Es gibt auch noch weitere Stätten 
        der Begegnung mit dem Landsmann, von denen man ebenfalls sagen kann, daß 
        die Vereine darin ein Zuhause haben. Wie in New York finden dort Gemeinschaftsveranstaltungen, 
        Familienfeiern, Konzerte und Bälle statt. Man sieht und wird gesehen, 
        junge Leute finden sich hier fürs Leben, feiern hier Hochzeit und 
        Taufe. - Nicht zufällig entstand fast gleichzeitig mit der "Gottscheer 
        Relief Association Incorporation" in New York das "Relief Comity" 
        in Cleveland/Ohio. Es wurde von folgenden Vereinen aufgebaut: "Erster 
        österreichischer Krankenunterstützungsverein", dem wir 
        hier zum zweitenmal begegnen. Er darf für sich in Anspruch nehmen, 
        der erste Gottscheer Hilfsverein, überhaupt die erste, von Gottscheern 
        gebildete Organisation auf amerikanischem Boden gewesen zu sein. Dazu 
        kamen der "Deutsch-Österreicher Unterstützungsverein" 
        und der "Deutsch-Österreicher Frauenbund". Alle drei sind 
        Gottscheer Gründungen vor 1918. Sie verwendeten das Wort Österreich 
        in ihren Namen, weil sie aus diesem Lande kamen und weil sich unter dem 
        Begriff "Gottschee" selbst die Deutsch-Amerikaner zur damaligen 
        Zeit nichts vorstellen konnten. 
         
        - Je drei Beauftragte dieser drei Organisationen trafen sich mit Vorstandsmitgliedern 
        und nicht organisierten Gottscheern im März 1946 zu einer Vorbesprechung. 
        Schon bei dieser Gelegenheit wurde beschlossen, mit dem "Gottschee-Hilfswerk" 
        in New York zusammenzuarbeiten. Der Beschluß zur Gründung des 
        "Relief Comity" wurde kurz darauf gefaßt. Die Gottscheer 
        Volksgruppe von Cleveland/Ohio dürfte in der Mitte der siebziger 
        Jahre des 20. Jahrhunderts noch 6000 bis 6500 Gottscheer umfaßt 
        haben. Auch sie erbauten für ihr Gemeinschaftsleben ein Clubhaus. 
        Bereits seit Jahrzehnten verfügen sie aber auch über eine eigene 
        Kirchengemeinde, die von Geistlichen aus Gottscheer Familien geführt 
        und betreut wird. Sie amtieren in der gemeindeeigenen Kirche zur "Heiligen 
        Dreifaltigkeit". Als letzte Vereinigung von Gottscheern entstand 
        1970 eine Blaskapelle. 
         
        In Milwaukee am Michigansee, wo ebenfalls ein Gottscheer Verein existiert, 
        gründeten sangesfreudige Frauen einen gemischten Damen-Kinder-Chor. 
         
        Eine größere Zahl von Gottscheern ist auch in Chicago seßhaft 
        geworden. Wie viele es sind, ist schwer zu sagen, immerhin genug, um einen 
        Verein mit einem stattlichen Jahresprogramm zu haben. 
         
        Die Gottscheer in Kanada stellen zahlenmäßig lediglich einen 
        Bruchteil ihrer Landsleute in Amerika dar. Außerdem sind sie außerordentlich 
        dünn über das Riesenland verteilt. Ihre Einwanderung lag zeitlich 
        wesentlich später als jene in die USA, hauptsächlich zwischen 
        den beiden Weltkriegen und nach dem Zweiten Weltkrieg. Die größte 
        Gruppe lebt in Toronto, eine etwas kleinere Gruppe in Kitchener und einige 
        Dutzend Familien haben in Montreal und Vancouver Heimat und Existenz gefunden. 
        Sie und andere kleine, über das ganze Land verteilte Gruppen sind 
        im allgemeinen deutschen und österreichischen Vereinen angeschlossen. 
         
        Gottscheer Vereine haben sich nur in Toronto und in Kitchener entwickelt. 
        Beide Vereine besitzen Clubhäuser. Jenes in Kitchener wurde 1953 
        unter dem Präsidenten Richard Mausser gegründet. Es nennt sich 
        "Alpen-Club" und gehört den Gottscheern, steht aber auch 
        anderen deutsch-kanadischen Vereinigungen zur Verfügung. Der "Alpen-Club" 
        in Kitchener gilt bei Besuchern als die umfangreichste, von Gottscheern 
        erbaute Anlage dieser Art. - 
         
        Wenn von Kitchener die Rede ist, so sollte man auch Josef Mausser, den 
        Bruder von Richard Mausser, erwähnen. Er wurde von der Stadt mit 
        der Benennung einer Straße und eines Parks nach seinem Namen dafür 
        ausgezeichnet, daß er nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als achtzig 
        Gottscheern die Einwanderung nach Kanada ermöglicht hat. 
         
        Der Verein der Gottscheer in Toronto wurde 1955 ins Leben gerufen. Seine 
        Gründer waren Rudolf Muchitsch aus Obergras und Heinrich Lobe aus 
        Zwischlern. Seit 1965 steht Norbert Lackner an der Spitze des Vereines, 
        der 1967 den "Gottscheer Park" kaufte und auszustatten begann. 
        Lackner stammt aus Hohenegg und wurde 1924 
        geboren. Er absolvierte die Private deutsche Lehrerbildungsanstalt in 
        Neuwerbaß/Batschka, Jugoslawien. 
         
        Wegen einer besonderen, sportlichen Leistung verdient Josef Schleimer 
        aus Zwischlern hervorgehoben zu werden: Er errang - für Kanada startend 
        - bei den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin eine Bronzemedaille 
        im Ringen. Sein Name ist in der "Hall of Fame", der höchsten 
        Auszeichnung für kanadische Sportler, eingetragen. 
         
        Kehren wir zurück in die USA. Wir haben das Bild des Gottscheer Clubs 
        in den Vereinigten Staaten von Nordamerika noch hinsichtlich seiner wirtschaftlichen 
        und sozialen Lage in seiner Gesamtzahl und Verbreitung zu vervollständigen. 
        Glücklicherweise hat John Kikel in dem Gedenkbuch 1330 bis 1947 dazu 
        eine prägnante Abhandlung hinterlassen. Er schreibt auf den Seiten 
        22/23 unter anderem: 
         
        "Im Vergleich zu anderen in Amerika eingewanderten Stämmen stehen 
        die Gottscheer in wirtschaftlicher Hinsicht an der Spitze und das Durchschnittsvermögen 
        wird auf mehr als 10.000 Dollar geschätzt. Die Mehrzahl der Gottscheer 
        ist in einem gelernten Beruf beschäftigt und ein großer Teil 
        davon als Zimmerleute und Tischler. Als Geschäftsleute finden wir 
        sie fast in jeder Branche, vorwiegend aber in Delikatessengeschäften 
        und Gasthäusern. Fast alle Gottscheer sind Hausbesitzer. In Cleveland, 
        welches größere Ausdehnungsmöglichkeiten hat als New York, 
        eignen die meisten Ein- oder Zweifamilienhäuser. 
         
        Wir haben keine genauen statistischen Belege über die in Amerika 
        lebenden Gottscheer und ihre Angehörigen, können aber mit ziemlicher 
        Sicherheit annehmen, daß in Cleveland und anderen Städten in 
        Ohio etwa 7000 ansässig sind und in Ridgewood, New York und Umgebung 
        etwa 6000. Wenn man die Anzahl der in den anderen Staaten Amerikas und 
        Kanadas lebenden Gottscheer und ihrer Angehörigen, die man in jedem 
        Staat von New York bis San Franzisco findet, auf 6000 schätzt, so 
        haben wir heute in Amerika 19.000 Gottscheer und mag diese Zahl größer, 
        aber sicher nicht kleiner sein." 
         
        Die vorstehenden Ausführungen John Kikels treffen heute nur noch 
        bedingt zu. Seit ihrer Niederschrift sind 3 Jahrzehnte vergangen. In dieser 
        Zeit hat sich das Durchschnittsvermögen der Gottscheer nominell zweifellos 
        vergrößert, aber der Wert des Dollars ist inzwischen stark 
        abgesunken. Auch in den USA ist die Inflation sehr wohl bekannt. 
         
        Pauschal kann man sagen, daß es in der Mitte der siebziger Jahre 
        des 20. Jahrhunderts dem Amerika-Gottscheer besser geht, denn je. 
         
        Weitaus weniger erfreulich stellt sich uns jedoch die Bevölkerungsbilanz 
        der Gottscheer in Amerika und Kanada dar. Ohne Aufsehen, in ihr Schicksal 
        ergeben, vollstrecken auch die Gottscheer in den USA und Kanada das Lebensgesetz 
        ihres Stammes, denn: Echte Gottscheer werden nicht mehr geboren, sie sterben 
        nur noch. 
         
        Mit "echt" - man könnte dafür auch das Wort "gebürtig" 
        setzen - sind die im "Ländchen" geborenen Gottscheer und 
        ihre unmittelbaren Nachkommen, die ebenso gut in den USA und Kanada oder 
        in Österreich und Deutschland oder nach 1941 in einem Flüchtlingslager 
        geboren sein können, gemeint. Die meisten von ihnen beherrschen noch 
        den Gottscheer Dialekt oder verstehen ihn zumindest gut. 
         
        Vor dem Versuch, die Gesamtzahl der Gottscheer in der Mitte der siebziger 
        Jahre des 20. Jahrhunderts zu ermitteln, erhebt sich für manche Leser 
        sicher die Frage, wozu es gut sein soll, den Schlußakt der Tragödie 
        Gottschee, das langsame Dahinschwinden 
        der letzten Generation, bis zum bitteren Ende auszuspielen. Wer so fragt, 
        stellt dieses gesamte Werk in Frage, denn auch der Untergang ist Gottscheer 
        Geschichte. Außerdem verfügen nur die Letzten dieses kleinen 
        Völkchens aus dem Karst nach ihren sechs Jahrhunderten Geschichte 
        über eine politische und menschliche Reife, der man weite Verbreitung 
        wünschte. Zwar widerstrebend, doch endgültig haben sie sich 
        mit der Unabänderlichkeit ihres Schicksals abgefunden und sich die 
        Erkenntnis zu eigen gemacht, daß sie in allen Machtzentren bestenfalls 
        ein mitleidiges Lächeln geerntet hätten, wären sie nach 
        1945 auf die Idee verfallen, ihr altes Siedlungsgebiet zurückzuverlangen. 
         
        Wenn man nur im einzelnen zu prüfen versucht, wie weit die Angabe 
        John Kikels, daß 1947 im nordamerikanischen Raum rund 19.000 Gottscheer 
        und ihre Angehörigen lebten, zutrifft, so hält es in großen 
        Zügen nicht nur die Geschichte der Einwanderung der Gottscheer in 
        die USA fest, sondern auch die statistischen Voraussetzungen für 
        die Gesamtzahl der Gottscheer in der Mitte der siebziger Jahre des 20. 
        Jahrhundert. 
         
        Hat John Kikel recht? Wir müssen davon ausgehen, daß seine 
        19.000 eine Schätzung sind. Uns stehen heute folgende Zahlen, an 
        die wir gebunden sind, zur Verfügung: 
         
        1876: Der Wiener Bevölkerungswissenschafter C. Czoernig schätzt 
        die Zahl der Gottscheer auf rund 25.000 bis 26.000. Wir nehmen die obere 
        Grenze, 26.000. 
         
        1910: Die letzte Volkszählung in der österreichisch-ungarischen 
        Monarchie ergibt 17.400. 
         
        1930: Eine private Zählung mit Hilfe der Pfarreien ermittelt rund 
        14.500. 
         
        1941: Ergebnis der Durchschleusung im EWZ-Zug rund 12.000. 
         
        Wir überblicken daher die Bevölkerungs- und Wanderbewegung von 
        genau hundert Jahren, von 1876 bis 1976. Führen wir uns noch einmal 
        vor Augen, daß das Gottscheerland in diesen drei stürmischen 
        Menschenaltern zwei epochalen Entwicklungen zum Opfer fiel, dem Wanderungsausgleich 
        zwischen der dicht bevölkerten alten und der dünn besiedelten 
        neuen Welt auf der einen und den chauvinistischen Auswüchsen des 
        mitteleuropäischen Nationalismus auf der anderen Seite. Die Gottscheer 
        sind von ihrem Fleckchen Erdboden verschwunden, aber ihre Lebenskraft 
        ist vorerst noch ungebrochen. Wenn wir nämlich die etwa 19.000 Gottscheer 
        John Kikels, die etwa 12.000 Umsiedler von 1941 und die rund 700 (Schätzung 
        des Verfassers) echten Gottscheer in der Ersten Republik Österreich 
        zusammenzählen, stehen plötzlich rund 32.000 Gottscheer vor 
        uns. Man kann hier mit John Kikel sagen: ".. .und mag diese Zahl 
        größer, aber sicher nicht kleiner sein." Sie illustriert 
        außerdem das Übergewicht der Amerika-Kanada-Gottscheer: 60 
        der Menschen gottscheerischer Abstammung lebten 1947 in Nordamerika!       Nehmen wir 
        also zur Überprüfung der Kikelschen Zahl von 1947 die erste 
        Auswanderungsphase der Gottscheer von 1880 bis 1914 unter die Lupe. Dabei 
        unterscheiden wir genau zwischen Geburtenjahrgängen und Auswanderungsjahrgängen. 
        Zunächst interessiert es uns, welche Altersgruppen in diesem Zeitraum 
        in Bewegung gerieten und nach Übersee auswanderten. Zwangsläufig 
        mußten sie am Beginn ihrer persönlichen zwanziger Jahre stehen 
        und, wenn sie schon verheiratet waren, kinderlos sein. Bereits ein einzelnes 
        Kleinkind konnte die Seßhaftmachung in Amerika entscheidend behindern, 
        abgesehen davon, daß die Überfahrt hygienisch und ernährungsmäßig 
        für das gesundheitlich empfindliche Wesen Lebensgefahr bedeutet hätte. 
        Obwohl es Ausnahmefälle gegeben hat, schieden also Familien mit mehreren 
        Kleinkindern von vornherein aus. Wir dürfen daher das Durchschnittsalter 
        der ersten Auswanderergeneration ruhig mit 23 Jahren ansetzen. Die Burschen 
        waren etwas älter, weil sie ja ihre Militärzeit abzuleisten 
        hatten, die Mädchen etwas jünger, einundzwanzig bis zweiundzwanzig 
        Jahre. Danach waren die fünfunddreißig Jahrgänge der ersten 
        Auswanderungsphase zwischen 1857 und 1891 geboren. 
         
        Zur Gesamtzahl der in dieser Zeit aus dem "Ländchen" ausgewanderten 
        Gottscheer und Gottscheerinnen ziehen wir zunächst die Rückgangszahl 
        zwischen der Schätzung von Czoernig (1876: 26.000) und dem Ergebnis 
        der Volkszählung von 1910 (17.400) heran. Die Differenz beträgt 
        8600. Diese 8600 Personen sind der Wanderungsverlust zwischen 1876 und 
        1910. Er muß jedoch hinsichtlich der Jahre 1911 bis 1914 und hinsichtlich 
        des Geburtenüberschusses seit 1876 bereinigt werden. Von Czoernig 
        weiß man, daß er seine Schätzung als die Höchstzahl 
        der Gottscheer in ihrer Geschichte betrachtet. Das bedeutete, daß 
        ihre Geburtenfreudigkeit 1876 nicht plötzlich abbrach, sondern anhielt, 
        was einen weiteren Geburtenüberschuß zur Folge haben mußte. 
        Zweifellos nahm er als Folge des Bevölkerungsüberdruckes in 
        der Volksinsel ab. Wir tun daher gut, wenn wir eine bescheidene Vorhersage 
        treffen, denn von 1881 an fielen ja die Geburten der ausgewanderten Mädchen 
        und der jungen Frauen aus. Wir dürften der Wirklichkeit ganz nahe 
        kommen, wenn wir lediglich 60 bis 70 Kinder pro Jahr als Geburtenüberschuß 
        annehmen. Auch dann kommen wir immer noch auf etwa 2500. Diese Zahl überdeckt 
        die tatsächliche Zahl der Auswanderung, wir müssen sie daher 
        den 8600 hinzufügen, womit wir bei 11.100 angelangt sind. 
         
        Zu den vermutlichen Auswandererzahlen der Jahre 1911 bis einschließlich 
        1914 ist zunächst zu sagen, daß es sich um politische und militärische 
        Krisenjahre handelte. Die Balkankriege von 1912/13 förderten die 
        Auswanderung ganz beträchtlich, fanden sie doch gewissermaßen 
        vor der Haustüre der Habsburger Monarchie statt. Wie hoch sie anstieg, 
        dafür gibt uns Dr. Podlipnig in der Kulturbeilage Nr. 54 der "Gottscheer 
        Zeitung" vom September 1973 einen verbürgten Anhaltspunkt. Die 
        Bezirkshauptmannschaft Gottschee gab in den ersten sechs Monaten des Jahres 
        1914 noch 700 Reisepässe für Amerika aus. Da die Sprachinsel 
        Gottschee bekanntlich aber mit wesentlich kleineren Anteilen den Bezirkshauptmannschaften 
        Rudolfswerth und Tschernembl angegliedert war, müssen wir weitere 
        rund 200 Reisepässe für die USA hinzuzählen, mithin mit 
        einer Auswanderung von 900 Personen in der ersten Jahreshälfte 1914 
        rechnen. Eine Auswanderung nach Kanada fand in dieser Zeit noch kaum statt. 
        Die Auswanderungszahlen in den Jahren 1911 bis 1913 stellen wir zumindest 
        annähernd mit Hilfe folgender Rechnung fest: Die durchschnittliche 
        Auswandererzahl 
        betrug zwischen 1880 und 1910 rund 360 (11.100 : 30). Wenn wir diesen 
        Durchschnitt in die drei Jahre von 1911 bis 1913 weiterlaufen lassen, 
        kämen wir auf 1080. Bei einer Steigerungsrate infolge der gespannten 
        Lage von rund 30 greifen wir bestimmt nicht zu hoch und gelangen auf rund 
        1350. Mithin können wir folgende Schlußrechnung der Auswandererzahl 
        in den Jahren von 1880 bis 1914 aufmachen: 
         
         
        
        
         
          | 1. 
            Statistischer Wanderungsverlust zwischen 1876 bis 1910 | 
           
             8.600 
           | 
         
         
          | 2. 
            Geschätzter Geburtenüberschuß | 
           
             2.600 
           | 
         
         
          | 3. 
            Vermutliche Auswandererzahl 1911 bis 1913 | 
           
             1.350 
           | 
         
         
          | 4. 
            1914 mit großer Wahrscheinlichkeit rund | 
           
             900 
           | 
         
         
          |   | 
           
             13.350 
           | 
         
                       
      Wenn wir nun 
      diese für jeden Kenner der Gottscheer Verhältnisse durchaus wahrscheinliche 
      Zahl wiederum durch fünfunddreißig - das ist die Zeit von 1880 
      bis 1914 - teilen, erhalten wir einen Jahresdurchschnitt von 380. 
       
      Nun greifen wir auf die Geburtenjahrgänge von 1858 bis 1892 zurück 
      und fragen, wie viele Auswanderer aus diesem Zeitraum 1947 nach menschlichem 
      Ermessen noch am Leben gewesen sein konnten. Um das Verfahren abzukürzen, 
      legen wir jeweils fünf Geburtenjahrgänge zusammen, das macht 5 
      mal 380 = 1900. 
       
      1. Die Geburtenjahrgänge 1858 bis 1862 wären 1947 - 89 bis 85 
      Jahre alt geworden. Weil die eingewanderten Männer und Frauen unter 
      außerordentlich erschwerten Arbeitsbedingungen gelebt hatten, erreichten 
      sie kein so hohes Alter. 
       
      2. Die Geburtenjahrgänge von 1863 bis 1867 wurden 1947 - 84 bis 80 
      Jahre alt. Vermutlich lebte auch von ihnen niemand mehr. 
       
      3. Die Geburtenjahrgänge 1868 bis 1872 wurden 1947 - 79 bis 75 Jahre 
      alt. Von ihnen könnten noch 8 bis 10 gelebt haben, also etwa 175. 
       
      4. Die Geburtenjahrgänge von 1873 bis 1877 wurden 1947 - 74 bis 70 
      Jahre alt. Von ihnen lebten möglicherweise noch 15 bis 17, vor allem 
      Frauen, also etwa 315. 
       
      5. Die Geburtenjahrgänge 1878 bis 1882 wurden 1947 - 69 bis 65 Jahre 
      alt. Von ihnen lebten höchstwahrscheinlich noch 34 bis 36, demnach 
      690. 
       
      6. Die Geburtenjahrgänge 1883 bis 1887 wurden 1947 - 64 bis 60 Jahre 
      alt. Von ihnen lebten mindestens noch 85, also rund 1650. 
       
      7. Die Geburtenjahrgänge von 1888 bis 1892 wurden 1947 - rund 59 bis 
      55 Jahre alt. Von ihnen lebten höchstwahrscheinlich noch 98, das heißt 
      rund 1850. 
       
      Zusammen 4680. 
       
      Auf 4700 aufgerundet sind das demgemäß im Jahre 1947 die vermutlich 
      noch lebenden Alteinwanderer aus dem Gottscheerland. Darin sind die Rückwanderer, 
      die während des gleichen Zeitraumes heimkehrten, um eine neue landwirtschaftliche 
      Existenz aufzubauen, nicht enthalten. Wir besitzen nicht den geringsten 
      Anhaltspunkt, wie viele es gewesen sein könnten, zumal ein Teil von 
      ihnen nach dem Zweiten Weltkrieg doch wieder in die USA zurückgewandert 
      ist. 
       
      Zu den restlichen 4700 Alteinwanderern kommen nun deren in den USA geborene 
      Kinder, die wir ja noch als echte Gottscheer ansprechen würden. Ihre 
      Geburtenzahl wird in den ersten achtziger Jahren sicher niedrig gewesen 
      sein, stieg jedoch infolge der wachsenden Einwanderung und der Existenzfestigung 
      von Jahr zu Jahr.        
      Sie selbst befanden sich etwa 1906 ebenfalls im Alter der Heiratsfähigkeit 
      und Familiengründung. Ihre Kinder kann man freilich nicht mehr als 
      "echte Gottscheer" bezeichnen, denn sie sprachen auch mit ihren 
      Eltern nur noch englisch, hörten nur selten oder gar nicht ein gottscheerisches 
      Wort oder eine Schilderung des Herkunftslandes der Großeltern. 
       
      Wie aber gelangen wir zu einer wenigstens ungefähren Zahl der Nachkommen 
      der Ureinwanderer aus dem Gottscheerland, damit wir sie mit den oben ermittelten 
      4700 zusammenziehen können? Als einfachster Weg scheint sich anzubieten, 
      daß man die Zahl der 13.350 Alteinwanderer halbiert, weil es ja etwa 
      gleichviel Männer und Frauen auf der Welt gibt. In diesem Falle nicht. 
      Es sind in der ersten Auswanderungsphase mehr Männer als Frauen in 
      die USA gezogen. Gewiß war es die Regel, daß der Gottscheer 
      eine Gottscheerin heiratete, doch dürften infolge der ungünstigen 
      Verteilung der Einwanderer bzw. der überwiegenden Zahl der Männer 
      kaum mehr als 5500 Ehen zustandegekommen sein. Die hier nicht berücksichtigten 
      2350 Gottscheerinnen und Gottscheer heirateten entweder nicht oder verbanden 
      sich mit Partnern außerhalb der Gottscheer Gruppe. Schreiben wir nun 
      jeder dieser 5500 Ehen durchschnittlich zwei bis drei Kinder zu - womit 
      wir der Wirklichkeit vermutlich sehr nahe kommen - so dürfte die Zahl 
      der "Nachkommen" im Kikelschen Sinne 11.000 plus 2750 = 13.750 
      betragen haben. Die Ältesten von ihnen waren 1947 dann 60 bis 65 Jahre 
      alt. Zählen wir nun die 4700 Alteinwanderer und die Nachkommen aus 
      den 5500 Gottscheer Ehen zusammen, so stehen wir bereits an dieser Stelle 
      bei rund 18.500! Dabei haben wir erst noch die zweite Auswanderungsphase 
      zu berechnen. Sie setzte, wie gesagt, 1920/21 ein und lief in den dreißiger 
      Jahren allmählich aus. 
       
      In der zweiten Phase haben wir auch die Auswanderung in die Republik Österreich 
      statistisch heranzuziehen. Sie setzt sich zusammen aus den Optanten für 
      Österreich, den auf diese Weise vertriebenen Lehrern und Beamten, den 
      Schülern und Studenten, die 1919 bis 1925 in Österreich die Schulen 
      besuchten und nicht mehr heimkehrten sowie dem ständig fließenden 
      Rinnsal arbeitsuchender Gottscheer aus handwerklichen und Dienstleistungsberufen. 
      Wir unterschätzen die Gesamtzahl dieser Personengruppe mit 700 gewiß 
      nicht. 
       
      Zu einer ungefären Berechnung der zweiten Auswanderungsphase ziehen 
      wir die oben bereits aufgeführten, amtlichen bzw. halbamtlichen Zahlen 
      heran: 
       
       
       
       
      
         
          | 1. 
            Die Volkszählung von 1910  | 
           
             17.400 
           | 
         
         
          | 2. 
            Die 1930 durchgeführte Zählung mit Hilfe der Pfarreien  | 
           
             14.500 
           | 
         
         
          | 3. 
            Die aufgerundete Umsiedlerzahl von 1941  | 
           
             12.000 
           | 
         
               
       
      Die offizielle jugoslawische Volkszählung aus dem Jahre 1921 ist für 
      unsere Zwecke unbrauchbar, denn sie manipulierte die Ergebnisse im Gottscheerland 
      zu einer statistischen Farce, wie einige Gegenüberstellungen der österreichisch-ungarischen 
      Volkszählung von 1910 und der jugoslawischen von 1921 beweisen. Wir 
      zitieren Dr. Podlipnig (Kulturbeilage Nr. 54 der "Gottscheer Zeitung" 
      vom September 1973): 
       
       
       
      
         
           
              Deutsche
              = D 
          Slowenen = S  | 
          Altlag 
            1910 - D 828; S 5 
          1921 - D 694; S 53  | 
          Gottschee 
            / Stadt 
            1910 - D 2025; S 255 
          1921 - D 1226; S 1799  | 
          Obermösel 
            1910 - D 1056; S 17 
          1921 - D 762: S 299  | 
         
         
                        Göttenitz 
            1910 - D 359; S 13 
            1921 - D 
          337; S 13 | 
                        Mitterdorf 
            1910 - D 1223; S 119 
          1921 - D 996; S 321 | 
                        Morobitz 
            1910 - D 291; S - 
          1921 - D 222 ; S 1 | 
                        Rieg 
            1910 - D 426; S 20 
          1921 - D 340; S 85  | 
         
       
              
      Die Manipulation der angeblichen Zählergebnisse ist zu augenscheinig, 
      als daß man dazu viel erläutern müßte. Nur so viel 
      sei gesagt, daß man einfach eine bestimmte Zahl von Gottscheern aus 
      den Zählungslisten strich und dafür eine etwa entsprechende Zahl 
      von Slowenen einsetzte. Auch das war eine Art Slawisierung des Gottscheerlandes. 
      Da aber in der Zeit von 1919 bis 1921 niemand im "Ländchen" 
      das Geld hatte, um Wohnhäuser zu bauen - insbesondere nicht der junge 
      SHS-Staat - ist unerfindlich, auf welche Weise man plötzlich in Mösel 
      rund 280 Menschen unterbringen sollte. Zwangseinquartierungen sind nicht 
      erfolgt. Es wurde auch keine slowenische Schule errichtet. Außerdem: 
      wohin sollten die verschwundenen Gottscheer gekommen sein? Die Auswanderung 
      in die USA und Kanada lief mit geringen Zahlen eben erst wieder an. Die 
      Option für Österreich wurde vom Gottscheer Bauern kaum wahrgenommen. 
      Um den Schein zu wahren, ließ man jedoch in Morobitz und Göttenitz 
      die Zahl der Slowenen gegenüber 1910 bestehen. Warum aber in Göttenitz 
      nur 22, in dem wesentlich kleineren Morobitz hingegen rund 70 Gottscheer 
      das Weite gesucht haben sollen, während in dem benachbarten Rieg 85 
      Slowenen zugezogen sind, wird stets das Geheimnis der Laibacher Statistiker 
      von 1921 bleiben. 
       
      Doch nun zurück zur zweiten Auswanderungsphase. 
       
      Bevor wir fortfahren, noch ein Wort zu der Umsiedlerzahl von 12.000: Die 
      EWZ durchschleuste nach ihrem Schlußbericht 11.747 Gottscheer und 
      Gottscheerinnen, Dr. Wollert spricht von 12.000. In beiden Zahlen sind die 
      Nichtoptanten und die aus zivilen oder militärischen Gründen außerhalb 
      des "Ländchens" weilenden, aber noch dort zuständigen 
      Personen natürlich nicht enthalten. Wenn wir jedoch auf die Gesamtzahl 
      der 1941 lebenden Gottscheer zusteuern, dürfen wir sie nicht fehlen 
      lassen, denn die Verweigerer der Option für Deutschland waren ja nicht 
      plötzlich keine Gottscheer mehr, wurden dadurch auch nicht plötzlich 
      zu Slowenen. Sie hatten letzten Endes für das Gottscheerland optiert. 
      Wenn wir ihre Zahl nur mit 3% ansetzen, kommen wir bereits auf rund 360. 
      Mit der abwesenden Gruppe zusammen dürften 
      sie etwa 400 bis 500 Köpfe erreicht haben. Wir haben daher eine den 
      Tatsachen nahekommende Differenz zwischen 1910 und 1941 von rund 5000 Personen 
      (17.400 minus 12.500). Die im alten Siedlungsgebiet seßhafte Bevölkerung 
      schrumpfte also in den fünfundsechzig Jahren seit 1876 um mehr als 
      die Hälfte etwa um 57%. 
       
      Der rein zahlenmäßige Menschen Verlust zwischen 1911 und 1941 
      bedarf ebenfalls einer Bereinigung. Der Verfasser hat dies unter Berücksichtigung 
      aller in Frage stehenden Faktoren vorgenommen und ermittelte auf die gleiche 
      Weise wie für die erste Auswanderungsphase einen Abzug von rund 1600 
      Personen nach den USA und Kanada. Der nördliche Nachbar der Vereinigten 
      Staaten, ein Land von sehr großer Ausdehnung, aber geringer Bevölkerungsdichte, 
      wurde nach dem ersten Weltkrieg für die Gottscheer deshalb interessant, 
      weil sie von dort aus die strengen Einwanderungsbestimmungen Amerikas über 
      die "Grüne Grenze" oder durch ein entsprechend langes Verweilen 
      in Kanada umgehen konnten. Das taten natürlich auch andere. Wie viele 
      Auswanderer aus dem "Ländchen" diesen Weg gegangen sind, 
      läßt sich nicht rekonstruieren. 
       
      Daß zwischen 1920/21 und etwa 1935 nur rund 1600 Gottscheer in die 
      USA ausgewandert sein sollen, erscheint auf den ersten Blick völlig 
      unwahrscheinlich. Man muß jedoch berücksichtigen, daß die 
      Einwanderungspolitik Washingtons gegenüber dem Nachfolgestaat der österreichisch-ungarischen 
      Monarchie keine bedeutenden Quoten zuließ, und daß ferner ab 
      1929 die Weltwirtschaftskrise mit ihrer Arbeitslosigkeit die Amerika-Gottscheer 
      nicht dazu veranlaßte, Landsleute in das Land der nunmehr begrenzten 
      Möglichkeiten hinüberzuziehen. 
       
      Setzen wir, wiederum rein rechnerisch, die Zahlen der aus den 1600 bei Gottscheern 
      und Gottscheerinnen entstandenen Ehen mit 560 bis 600 fest und nehmen wir 
      an, daß aus jeder im Durchschnitt zwei Kinder hervorgingen. Nur zwei 
      und nicht zwei bis drei deshalb, weil sich die Gottscheer auch in diesem 
      Punkt der abgesunkenen amerikanischen Geburtenfreudigkeit anpaßten. 
      Jedenfalls erhöht sich die Zahl der 1947 in Nordamerika lebenden Gottscheer 
      um rund 1600 Einwanderer und ihre etwa 1200 Nachkommen auf die Endsumme 
      von etwa 21.000. Damit haben wir John Kikels Bemerkung, 19.000 seien niedrig 
      geschätzt, vollauf bestätigt. Wir nehmen allerdings an, daß 
      auch er die Enkelkinder der Alteinwanderer aus der Sprachinsel nicht mehr 
      zu den echten Gottscheern zählte. Was nun die Gesamtzahl der Gottscheer 
      zu diesem Zeitpunkt angeht, so mag sie zwischen 1941 und 1947 - einschließlich 
      der in der alten Heimat zurückgebliebenen Nichtoptanten - vermutlich 
      um 32.000 bis 34.000 gelegen sein. 
       
      Wir schreiben das Jahr 1950. Die dritte Auswanderungsphase der Gottscheer 
      nach Nordamerika setzt ganz langsam ein. Nur ein geringer Teil der aus der 
      Untersteiermark geflohenen Umsiedler hat bisher die Flüchtlingslager 
      verlassen können. Er hat unter manchmal ungünstigsten Voraussetzungen 
      wenigstens Anhaltspunkte für den Aufbau einer neuen Existenz gefunden. 
      Die jüngeren, unverheirateten Umsiedler träumen von Amerika. Längst 
      haben sie wieder die Verbindung mit den Verwandten und Freunden in den USA 
      und Kanada aufgenommen. Die Lagerinsassen können es kaum erwarten, 
      daß die Hoffnungen, die ihnen aus den Briefen entgegenschlagen, in 
      Erfüllung gehen. Sie erfahren, daß alles getan werde, um ihnen 
      möglichst bald die Auswanderung nach Amerika zu ermöglichen. Es 
      war außerordentlich schwierig, in dem 
      ungeheuren Wirrwarr der Flüchtlingsströme in den Nachkriegsjahren 
      gleichsam ein kleines Rettungsboot für die Gottscheer zu finden, die 
      zu ihren Leuten in Amerika drängten. Es gab doch noch ungezählte 
      Nichtdeutsche, die der unselige Krieg und die Gewaltherrschaft entwurzelt 
      hatten und die nun in geordneten Bahnen ihren alten oder neuen Lebenszielen 
      zustrebten. Das Festbuch zum 25jährigen Bestehen des "Gottschee-Hilfswerks 
      Relief Association Incorporation" schreibt unter anderem über 
      die Anstrengungen, deren es bedurfte, um den Gottscheern gewissermaßen 
      ein Mauertürchen in das Land der nun scheinbar wieder unbegrenzten 
      Möglichkeiten zu öffnen: 
       
      "In der zweiten Hälfte des Jahres 1951 kam die Einwanderung jedoch 
      vollständig ins Stocken. Dies bedingte eine Reise des Vertreters des 
      Hilfswerks nach Europa, besonders nach Deutschland und Österreich. 
      In dieser Zeit fand eine Konferenz für Flüchtlinge in Brüssel 
      und eine Untersuchung in Frankfurt am Main statt, welche mit einer Milderung 
      der bestehenden Verschärfungen endeten und somit wieder vielen Landsleuten 
      die Einwanderung ermöglichten. Die Zusicherungen aus unseren Kreisen 
      waren aber bereits erschöpft. Doch war unserer Vertretung bekannt, 
      daß die N. C. W. C. bereit war, für 5000 Familien Zusicherungen 
      zu garantieren. Ein Besuch bei Msgr. Bernas, dem Vertreter des Katholischen 
      Hilfswerks, und ein dringendes Ersuchen ermöglichte es den Gottscheern, 
      500 von diesen Zusicherungen zu erhalten. Auch wurde unserem Vertreter gesagt, 
      daß auf diese Zusicherungen bis 2000 Personen einwandern könnten. 
       
      Dieser, von der D. P. C. und N. C. W. C. befürwortete Besuch hatte 
      ferner den Vorteil, daß die Gottscheer anerkannt und die schon lange 
      vorliegenden Einwanderungsgesuche endlich bearbeitet wurden. Daraus ergab 
      sich, daß im Jahre 1952 dann die größte Zahl an Gottscheer 
      Einwanderern zu verzeichnen war. Am 31. August 1952 wurde die D. P. C. aufgelöst 
      und nur vereinzelt kamen 1953 und in den nachfolgenden Jahren noch Gottscheer 
      Einwanderer in die USA. 
       
      Der Großteil der Neueinwanderer ließ sich in jenen Städten 
      Amerikas nieder, wo bereits Landsleute aus früheren Jahren ansässig 
      waren. Die auf Bemühung des "Gottscheer Hilfswerks" unter 
      der N. C. W. C. - Quote berücksichtigten Einwanderer landeten oft in 
      entlegenen Gegenden. Jedoch auch diese fanden bald den Weg in die "Gottscheer 
      Gemeinden". Allen war wieder Hilfe bereit und dankbar erinnert man 
      sich noch jener Landsleute, die dem Neueinwanderer zum ersten "Job" 
      verhalfen." 
       
      Die Gottscheer hatten das Glück, in jenen Jahren, deren unmenschlichen 
      und materiellen Nöte nur mit systematisch eingesetzter Tatkraft zu 
      bewältigen waren, eine Persönlichkeit von Format zu besitzen. 
      Hinter dem Wort "unser Vertreter" versteckt sich niemand anderer 
      als Adolf Schauer, die führende Kraft bei der Gründung des "Gottschee-Hilfswerks" 
      und dessen erster Präsident. Er führte die im obigen Bericht angegebenen 
      Verhandlungen und Besprechungen und ließ sich durch keine Widerstände 
      beirren. Und er war es, der die Europareise nicht scheute, um möglichst 
      vielen seiner Landsleute die Einwanderung in die USA zu ermöglichen. 
      Adolf Schauer ist 1901 in Oberwarmberg geboren. Er wanderte 1920 in die 
      Vereinigten Staaten aus und gründete in Ridgewood das heute noch bestehende 
      Versicherungsunternehmen "Schauer Agency". Er gilt als der große, 
      weise Mann der Amerika-Gottscheer. Seine Verdienste um sie und das gesamte 
      Völkchen der Gottscheer besitzen innerhalb ihres Rahmens geschichtlichen 
      Rang. Seine Landsleute wissen sie zu schätzen. Er ist Träger des 
      Ehrenringes der Gottscheer Landsmannschaften und Ehrenpräsident der 
      "Relief Association". Von amerikanischer Seite wurde ihm die "Bürger-Medaille" 
      verliehen. In 
      seiner Person wurde aber auch das kleine Heer der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen 
      des Hilfswerks geehrt. 
       
      Gewiß haben die Alteinwanderer ihren nachrückenden Landsleuten 
      geholfen, sich in dem Riesenland zurechtzufinden, gewiß haben sich 
      in den hundert Jahren seit dem Beginn der ersten Auswanderungsphase die 
      beruflichen, sozialen und menschlichen Verhältnisse in den USA zum 
      Besseren gewendet, doch den letzten Einwanderern aus der früheren Sprachinsel 
      Gottschee wurde die wohlorganisierte Starthilfe der großen Gemeinschaft 
      der Amerika-Gottscheer zuteil. Sie aber waren nur deshalb imstande, den 
      plötzlichen, umfangreichen Zugang an zumeist erwachsenen Menschen seelisch, 
      wirtschaftlich und sozial zu verkraften, weil sie sich selbst auf diesen 
      Lebensgebieten im Gleichgewicht befanden. Nur deshalb vermochten sie auch, 
      tätige Aufnahmebereitschaft und nachbarschaftliches Entgegenkommen 
      - beides ist wörtlich gemeint - zu üben. Weit mehr als 2000 schuldlos 
      zerbrochene Schicksale unter eigenen Opfern zum Guten zu wenden, war ein 
      menschlich imponierendes weiteres Hilfswerk, dessen tiefere menschliche 
      Beweggründe nicht einfach zufällig vorlagen, sondern in Jahrhunderten 
      gewachsen waren. Zweitausend sind für amerikanische Verhältnisse 
      wenig, für die Gottscheer viel. 
       
      Inzwischen haben auch diese letzten aus dem "Ländchen" stammenden 
      Einwanderer auf nordamerikanischem Boden endgültig Fuß gefaßt 
      und sich in den "Way of Life" Amerikas eingefügt, sich aber 
      auch in die Organisationen der Gottscheer eingegliedert. Allerdings haben 
      auch sie erfahren, daß die USA zwar von den Einwanderern in ihr Land 
      beim Betreten des amerikanischen Bodens nicht die Ablieferung des ererbten 
      Volkstums verlangen, daß man sich aber nur durchsetzt, wenn man sich 
      von der ersten Stunde an anpaßt. 
       
      Als die Reisedauer über den Atlantik auf Stunden zusammenzuschrumpfen 
      begann, setzte bei den Amerika-Gottscheern eine neue, die allerletzte Wanderung 
      ein: Sie flogen in den Sommermonaten zu Hunderten nach Europa, mit Linienflugzeugen 
      und mit Chartermaschinen. Zuerst kamen die Auswanderer zwischen den beiden 
      Weltkriegen. Sie überzeugten sich mit Genugtuung, welchen Segen das 
      "Gottschee-Hilfswerk" und alle seine Mitarbeiter gestiftet hatten 
      und daß sie nicht vergessen waren. Aber Ende der sechziger und Anfang 
      der siebziger Jahre mehrten sich die Europafahrer aus der Gruppe der Auswanderer 
      der beginnenden fünfziger Jahre. Die Lager waren längst geräumt. 
      In den europäischen, namentlich in deutschen Städten zeugten nur 
      noch wenige Baulücken von der überwundenen Katastrophe. Gewiß 
      hatten nicht alle ihre Landsleute Anteil am Wirtschaftswunder Deutschlands 
      und Österreichs, doch es war von Staats wegen für alle gesorgt, 
      die Vermögenserstattung war im Gange, die Alten erhielten ihre Renten, 
      der Prozentsatz der Autobesitzer war auch unter den Gottscheern schon damals 
      beträchtlich. Die arbeitsfähigen Gottscheer und Gottscheerinnen 
      hatten sich gleich den Balten, den ostdeutschen Vertriebenen, den Sudetendeutschen, 
      den Südtirolern, den Deutschen aus dem Donau-Karpaten-Raum in den Wiederaufbau 
      der Volkswirtschaften in Österreich und Deutschland eingegliedert. 
       
      - Eine scheinbar nebensächliche Beobachtung am Rande: Die Amerika-Gottscheer 
      flogen und fliegen zumeist mit einer weltweit bekannten deutschen Fluggesellschaft. 
      Die Europa-Reisenden aus der früheren Sprachinsel Gottschee haben für 
      europäische Begriffe lange Strecken zu überwinden bis sie die 
      Verwandten, Jugendfreunde und Nachbarn besucht haben, denen die lange See- 
      und Luftreise hauptsächlich gilt. Doch 
      die "Amerikaner", wie die Gottscheer ihre Landsleute von "drüben" 
      nennen, sind ja lange Reisestrecken gewöhnt. In der Republik Österreich 
      decken sich die aus menschlichen Gründen angesteuerten Reiseziele sehr 
      oft mit dem Wunsch, eine bestimmte Stadt zum ersten oder zum wiederholten 
      Male zu sehen, etwa Wien oder Graz, die für die Gottscheer - das gilt 
      natürlich nicht nur für sie - schon in der Zeit der alten Monarchie 
      eine magische Anziehungskraft besaßen. Dort gab es schon im 19. Jahrhundert 
      seßhafte Gottscheer, doch eine allgemeine Gottscheer Vereinigung entstand 
      trotzdem nicht. Erst 1891 wurde der "Verein der Deutschen aus Gottschee 
      in Wien" ins Leben gerufen. Das heißt, die erste, jedermann zugängliche 
      Organisation von Gottscheern außerhalb des "Ländchens" 
      wurde in den Vereinigten Staaten gegründet, eben der erwähnte 
      "Erste österreichische Unterstützungsverein" in Cleveland/Ohio. 
      Sein Gründungsjahr ist 1889. - 
       
      Wenn Klagenfurt in den Reiseplänen auftaucht, so nicht einmal so sehr 
      wegen persönlicher Besuche, sondern, weil diese Stadt zum Zentrum der 
      Exilkultur der Gottscheer geworden ist. Davon wird noch ausführlich 
      zu sprechen sein. Linz und Salzburg, weniger Innsbruck, weisen seit den 
      fünfziger Jahren ebenfalls nicht unbeträchtliche Gruppen von Gottscheern 
      auf, die naturgemäß jedes Jahr eine Anzahl von "Amerikaner" 
      an sich ziehen. 
       
      Als die ersten, vereinsgewohnten Amerika-Gottscheer in Europa eintrafen, 
      fanden sie nur Ansätze organisatorischer Zusammenschlüsse ihrer 
      Landsleute in Österreich und Deutschland. Während in Wien, Graz 
      und Klagenfurt nur die alten Vereine wiederbelebt wurden, war in Deutschland 
      nirgends ein Ansatz aus früherer Zeit gegeben. 
       
      ("Jahrhundertbuch
      der Gottscheer", Dr. Erich Petschauer, 1980) 
       
www.gottschee.de 
       
        
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