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In
Göttisch Num
Wir
schreiben den 27. April 1966. Die Luft ist leicht und zitternd vor Wärme.
Der Tag scheint neu
poliert zu sein. "Auf ein Neues", sagt die Natur in Feld
und Flur. "Grün ist Trumpf", meint der
Lenz. Sonne liegt auf allen Dingen. Vormittagssonne. Sonne und Vögel
sind in der Luft, Wind
und wehende Blütenschleier den Weg entlang, den wir fahren.
Wir kommen von Leoben, aus
dem Herzen der steirischen Industrie, wo am Rathaus das Gottscheer
Wappen prangt und die
Mur im Dreiviertelkreis um die Bergstadt schwingt. Wir durchqueren
die Landeshauptstadt Graz
und fahren den Hügel hinzu, auf dem vor genau 155 Jahren der Dichter
Zacharias Werner aus
Königsberg seinen Übertritt zum Katholizismus vollzog und
sich dann in Wien zu Tode gepredigt
hat.
Alois Krauland, Sparkassendirektor i. R., Wirtschaftstreuhänder
Der
Hügel liegt da, so ganz verwunderlich für die Menschen
und für die Dinge ringsum und
schweigt. Er trägt die Wallfahrtskirche Mariatrost, die mit ihren
rotbedachten Türmen, schon
von weitem sichtbar, weiß in den blauen Himmel ragt, und den "Kirchenwirt",
die Pappeln, die
oben im Wind und in der Sonne wie grünlodernde Fanale stehen, und
Wald, der wie ein heiliger
Hain das Baugrundstück des Vereines "Gottscheer Gedenkstätte" in
seine schützenden Arme
schließt, Ziel unserer Fahrt.
Schon
klettert die Autokolonne den steilen Bergabhang hinan, wo mit frommer
Gebärde
am
Fahrweg die barocken Statuen der Heiligen stehen. Andacht und Erhebung,
Ruhe und Hoffnung
gehen von dem breitgefügten Gotteshaus mit dem anschließenden
Franziskanerkloster aus,
und die liebliche Marienstatue, welche zwischen den zwei Türmen
an der Stirnseite der Kirche
schwebt, erfüllt den vom Tal emporsteigenden Beschauer mit gerührtem
Entzücken.
Da sind
wir. Oben! Die Wagenkolonne hält an, wir steigen aus. Wir:
Vertreter des Baurechtsamtes der Stadt Graz und des Vereines "Gottscheer
Gedenkstätte".
Wir stehen im Wind. Wir
schauen im Kreise umher. Gegenseitige Begrüßung. Shake hands.
Wir betreten das Gottscheer
Grundstück, 1137 Meter im Geviert. Die Beratung innerhalb der Baukommission
des Magistrates Graz beginnt. Die Pläne zur Gottscheer Gedenkstätte
werden auf Herz und Nieren geprüft.
Was ist die Uhr? Soeben schlägt es elf. Die Kommissionäre
lassen sich Zeit. Gut Ding will Weile
haben. Wir harren der Dinge, die da kommen sollen.
Schon steht
die Sonne im Mittag. Die Glocke schlägt vom Kirchturm.
Wir hören es. Erst die hellen
vier Schläge, danach die vollen dunklen Stundenschläge.
Wir sehen Rauch aus den Häusern
steigen, wir denken: Es ist Essenszeit. Die Mittagsglocken läuten.
Aber die Baukommission ist
noch nicht fertig hier oben. Es dauert noch eine volle Stunde, insgesamt
zwei.
Wir halten
für einen guten Ausgang der "Augenscheinverhandlung" den
Daumen, warten und
schauen. Überall bricht Neues hervor, setzt an, blüht auf.
Und die Straße da unten, die blanke,
weite, die da in der Richtung nach Süden hinführt, als wanderte
sie geradeaus in die Gottschee,
ins Jenseits dieser Wirklichkeit, oder, als käme sie "geradewegs" aus
dem Jenseits. Da wissen
wir auch schon, was dies Jenseits ist: Die Heimat aller Kindheitsträume,
Heimat der Wunder
und Märchen. Da ist alles geschehen, was Kindheit wußte und
liebte. Alle Wunder und Wunderträume, alle Märchen der Kindheit
waren da zu Haus. Da, da, dort unten, im Süden, im fernen
Land Gottschee!
Aber hier,
hier soll das Märchen nun neu erstehen, hier: An der
Kirchbergstraße in Mariatrost.
Hier endet alle Wanderfahrt der Gottscheer. Es ist schön, dies zu
denken. Doch was sagt die
Baukommission dazu? Sie prüft unsere Eingaben und Pläne sehr
genau auf ihre Unverfälschtheit, Tragfähigkeit, Sicherheit,
Richtigkeit. Sie steht im Wind, sie geht ein wenig, wie suchend,
dahin und wieder zurück, zur Seite, aber schließlich und
endlich sagt sie: Ja!
Die von Architekt Dipl.-Ing. Eberhard Jäger entworfene
Gottscheer Gedenkstätte ist genehmigt.
Wohin mit der "Freud"? Ein Protokoll wird aufgenommen, vorgelesen
und unterschrieben. Die
durch Unterschrift beglaubigte Urkunde, in alter Zeit wortschön
Handfeste genannt, findet ihren
Niederschlag in dem Beschluß des Grazer Stadtsenates vom 9.
Mai 1966. Dieser lautet, amtlich
trocken im Kanzleistil:
B
E S C H E I D
Sachverhalt:
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Der Verein "Gottscheer
Gedenkstätte" e. V. mit dem Sitz in Leoben (Postfach Nr. 126),
vertreten durch Herrn Obmann-Stellvertreter Johann Schemitsch, hat für
die Parzelle 470/5, EZ. 385, KG. Graz-Mariatrost, um die Bewilligung
zur Errichtung einer Gottscheer Gedenkstätte gemäß den
eingebrachten Plänen angesucht.
Auf Grund
des Ergebnisses der Augenscheinverhandlung vom 27. 4.1966 wird gemäß § 1
ff der Bauordnung für die Landeshauptstadt Graz, LGBI. 20/1881,
in der derzeit geltenden Fassung, die Bewilligung zur plan- und befundgemäßen
Ausführung des Bauvorhabens erteilt. Hievon werden unter Anschluß der
Verhandlungsschrift verständigt: Der Verein "Gottscheer Gedenkstätte" z.
H. des Herrn Obmann-Stellvertreters Johann Schemtisch, Graz, Flurgasse
21, das Straßen- und Brückenbauamt, das Kanalbauamt, das Baupolizeiamt,
das Stadtplanungsamt,
die Grazer Stadtwerke AG., der städtische Wirtschaftshof und das Finanzamt
der Stadt Graz.
ALOIS
KRAULAND
1. Obmann des Vereines Gottscheer Gedenkstätte (verstorben
im Mai 1977) |
www.gottschee.de
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