Die Gedenkstätte ist uns Heimat und Heiligtum

Am Vorabend des größten aller Gottscheerfeste in der Nachkriegszeit


Möge Gott - ach - also walten,
daß in Frieden, Lieb' und Treue
unser Volkstum sich erneue
und der Nachwelt blieb' erhalten!

Amalie Erker


Niemand von den tausenden Teilnehmern wird das Fest der Einweihung jemals vergessen können. Dieses Fest
bedeutet die Erfüllung eines mehrjährigen Herzenswunsches der Gottscheer, eine eigene Gedenkstätte auf eigenem Grund und Boden zu erbauen, würdig aller Gefallenen in beiden Weltkriegen, der auf der Flucht Umgekommenen, der Ermordeten und in Lagern Verhungerten.


Graz: Festabend im Minoritensaal


Einen würdigeren, prächtigeren und wertvolleren Saal hätten wir für diesen geschichtlichen Zweck nicht finden
önnen. Jeder blieb beim Betreten des Saales wie gebannt stehen, ließ die überdimensionalen Ölgemälde - reichen sie doch vom Boden bis zur barocken Saaldecke - in sein Blickfeld fallen. Staunend und bewundernd standen wir wie ein Kind in "tausendundeiner Nacht" vor solcher Kunst, vor solchen Schöpfungen mittelalterlicher und neuer Zeit.

Vorerst leises Flüstern, stilles Sprechen, als ob des Saales Schönheit uns die Kehle zugeschnürt hätte. Allmählich tauten wir auf: Fröhliche Gesichter, frohes Lachen, laute Wiedersehensfreude, herzliche Umarmungen, überlautes Fragen und Antworten.

Immer wieder Rufe des Staunens und der Bewunderung. Die Menge unserer Gottscheer und unserer Freunde hatte den Saal dicht gefüllt. Aller Augen besahen den Saal von der herrlichen Vorlesekanzel bis zu den Deckengemälden.


Der Minoritensaal in Graz-Mariahilf


Unserer Bitte, uns etwas Geschichtliches über den allzuherrlichen Minoritensaal in Graz mitzuteilen, kam der
hochwürdige Guardin des Minoritenkonvents bereitwilligst nach und schrieb:

"Es freut uns sehr, daß Sie sich bei uns im Minoritensaal so festlich und wohl gefühlt haben. Der Saal ist ja einzigartig. Gerne gebe ich Ihnen eine kurze Beschreibung des Saales zur Veröffentlichung in Ihrer Zeitschrift:

Die Minoriten oder Minderbrüder des hl. Franz von Assisi kamen bereits um das Jahr 1230 nach Graz, wo sie die
heutige Franziskanerkirche erbauten. Um das Jahr 1515 übersiedelten sie in die Kapelle der Fürsten von Eggenberg an das rechte Murufer. Bereits im Jahre 1607 wurde der Grundstein für das heutige Kloster und die Kirche Mariahilf gelegt, die 1611 unter der Bauleitung von Pietro de Pomis vollendet wurde. Die Kirche wurde bald ein vielbesuchter Wallfahrtsort für die ganze Steiermark und dem Gnadenbild Mariahilf wurde der Titel "Mariahilf Stadtmutter von Graz" beigelegt. In den Jahren 1691 bis 1703 erfolgte der zweite Bauabschnitt. Der Fürst Siegfried von Eggenberg erbaute für den Konvent das große, Sommerrefektorium, den heutigen Minoritensaal. Baumeister war Joachim Carlone.

Die Deckengemälde stammen von Antonio Maderni, vollendet 1702, sie stellen die Madonna gloriosa mit den neuen Chören der Engel dar. Die Ölgemälde wurden von J. B. Raunacher d. Ä. gemalt. Das Stirngemälde stellt die
"Speisung der Fünftausend" dar. Es gehört zu den größten Ölgemälden der Steiermark. Besonders schön ist die
Vorlesekanzel. Beachtenswert sind auch die noch erhaltenen seltenen Barocktische und Portale, alle in Intarsienmalerei.


Der Saal findet nun als Refektorium des Geistes für kulturelle Veranstaltungen gehobenen Stiles vielfach Verwendung."

Es ist ein besonders glücklicher Zug unseres Vereines "Gottscheer Gedenkstätte", daß es ihm gelungen ist, diesen außergewöhnlichen großen, wunderbaren und geschichtlichen Saal als Stätte für die Abwicklung des ersten Teiles unseres Festprogrammes, der Einweihung unserer "Gottscheer Gedenkstätte" in Mariatrost, für den Vorabend, Samstag, 26. August 1967 zu gewinnen. Was uns gerade hier an Schönheit, Erhabenheit und Gewaltigem in diesem barocken Festsaale so tief beeindruckte, bedarf erst einer längeren Insichaufnahme des Geschauten.

Unseren tiefen Dank dem Minoritenkonvent in Graz für die Überlassung des märchenhaft schönen Saales an diesem Abend.


Dank an meine Helfer, Mitteilungsblatt 1967 von Dir. Walter Högler

Als Sammler aller Namen der Gefallenen beider Weltkriege sowie der auf der Flucht umgekommenen Landsleute,
die in unserer Gedenkstätte in Mariatrost auf den einzelnen Tafeln verewigt sind, danke ich allen, allen Landsleuten - diesseits und jenseits des Atlantiks - die mir geholfen haben, das schwierige Werk durchzuführen. Ich weiß es selbst, daß es nicht leicht war, Namen und richtige Daten zu erhalten. Auf den Tafeln sind derzeit 1096 Opfer beider Kriege verzeichnet. Es soll leider aber noch welche geben, die fehlen. Wir haben deshalb darauf Bedacht genommen und haben noch zwei Tafeln als Sammeltafeln für Nachmeldungen reserviert. Nach der Einweihung wurde ich von der Gedenkstätte ersucht, in unserer Zeitung zu veröffentlichen, warum noch einige Namen auf den Tafeln stehen, die erst im Jahre 1946 starben. Es sind im ganzen acht Soldaten verzeichnet, die nachweislich im Jahre 1946 in irgendeiner Kriegsgefangenschaft zugrunde gingen.



Dir. Walter Högler


Ich drücke allen, allen meinen Helfern noch einmal mit vielen Dank die Hand und ersuche alle Landsleute, die
noch fehlende Daten von Gefallenen und auf der Flucht Umgekommenen wissen, mir das zu melden. Bei jeder
Meldung sind folgende Angaben wichtig: Name, Geburtsjahr, Todesjahr (auch wo und wenn möglich, wie ums Leben gekommen), Pfarre und letzter Wohnort des Gemeldeten in der alten Heimat. Bitte, eigene Adresse nicht anzugeben vergessen. Wir werden fehlende Daten ergänzen und Neuanmeldungen auf den Sammeltafeln verzeichnen. Alles bitte an meine Adresse senden zu wollen: Walter Högler, Schuldirektor i. R., Mayr-Melnhofstraße 10, 8707 Leoben-Göß.

Seit dieser Zeit sind die Namen der Gefallenen auf rund 1300 Personen angelaufen. Die Nachmeldungen wurden nun als Sammeltafeln an den Wänden angebracht. Wie es ja allgemein bekannt ist, hat Herr Schuldirektor Högler die Namen der Gefallenen nach ihren Heimatpfarren geordnet. Durch diese Ordnung sind alle Gottscheer Dörfer, geordnet nach Pfarren in der Gedenkstätte festgehalten und so der Heimat Gottschee ein Denkmal für alle Zeiten gesetzt. Nicht nur die Namen der Gefallenen wurden durch ihn geordnet, sondern er ordnete auch alle
Bausteinzeichner nach dem gleichen Schema. Die Listen der Namen und Daten der Kriegsopfer und Bausteinzeichner umfassen ca. 200 Schreibseiten, die Herr Schuldirektor Högler in mühsamster Kleinarbeit in einigen Jahren zusammengetragen hat. Die Heimat kann ihm hierfür nur ein schlichtes Dankeschön sagen.


www.gottschee.de

Inhaltsverzeichnis

Artikel