Nach der Einweihung

Das große und schöne Fest der Einweihung unserer Gedenkstätte ist verklungen. Die Festteilnehmer sind wieder in ihre Wohnorte zurückgekehrt und gehen ihren alltäglichen Pflichten nach. Die Landsleute aus Amerika sind mit Flugzeugen gleichfalls wieder in ihre neue Heimat abgeflogen. Sie alle kehren als Apostel unserer Gedenkstätte in ihren Wirkungskreis zurück und werden ihren Angehörigen und Freunden, die nicht das große Glück hatten, die Stunden in Mariatrost mitzuerleben, ihre Eindrücke vermitteln. So wird unsere Gedenkstätte langsam aber sicher die Herzen aller Gottscher erschließen.




Wer geglaubt hat, die Gedenkstätte werde nun nach diesem großen Fest bis zum nächsten in einen Dornröschenschlaf verfallen, hat sich gewaltig geirrt.

Täglich wandern viele Besucher zu ihr. Die einen, angeregt durch die Zeitungsartikel, wollen den Bau ansehen,
andere treten ein, um der Toten zu gedenken, deren Namen auf den nach Pfarren und Dörfern geordneten Tafeln
aufscheinen. Sie bewundern das Bauwerk, noch vielmehr aber seine Erbauer, die Gottscheer, die es verstanden haben, für ihre verlorene Heimat ein so schönes Ehrenmal zu errichten. Die dritten sind Gottscheer, die ihre Gedenkstätte nicht oft genug sehen können und solche Landsleute, die ihre Schritte das erste Mal zu ihr lenken
und Trost in diesen geweihten Räumen suchen. Andächtig betreten sie den Gedenkraum und verharren kniend oder stehend im stillen Gebet. Dann gehen sie zu den Gedenktafeln und suchen nach ihren Toten. Haben sie sie gefunden, dann beginnen ihre Augen zu leuchten und Tränen der Ergriffenheit und des Trostes rollen ihnenüber die Wangen. Der liebe Tote, der sein Leben hingegeben hat, damit wir leben, ist nicht mehr der verlorene Sohn, er ist wieder unter uns und hat seine Heimat wieder gefunden. Nun ist es auch den Hinterbliebenen leichter ums Herz, die Heimat hat ihre Pflicht den Toten gegenüber erfüllt. Sie sind nicht mehr als Namenlose der Vergessenheit preisgegeben.

Danach noch ein Griff in die Tasche, eine Münze fällt ins bereit stehende Körbchen, das Spenden zur Verschönerung der Gedenkstätte aufnimmt, noch ein kurzes Verweilen, um den Gesamteindruck der Weihestätte in sich aufzunehmen. Dann tritt er wieder ins Freie. Auf dem Wege gegen Mariatrost blickt er nochmals auf das Bauwerk zurück, wie es der Mensch tut, der für längere Zeit in die Welt hinaus muß und noch einen Blick auf sein Vaterhaus zurückwirft.

Wir Gottscheer sind in Mariatrost wirklich daheim. Die Gedenkstätte ist die neue Heimat aller Gottscheer geworden. Die Mariatroster haben sie in Liebe aufgenommen. Wir danken ihnen herzlich dafür. Dorthin werden wir in Hinkunft alle wieder ziehen. Auf eine Frage an eine Landsmännin, ob sie zehn Tage nach der Einweihung der Gedenkstätte immer noch in Mariatrost wohne, antwortete sie: "Warum soll ich nicht hierbleiben, ich bin seit der Einweihung ja hier Zuhause, das ist jetzt meine Heimat".




Was wir in den Tagen nach der Einweihung erleben ist einmalig. Jeden Tag besuchen hundert und mehr Menschen unsere Gedenkstätte. Am ersten Sonntag nach der Einweihung waren es sogar mehr als tausend. Jeder Fremde will wissen, wer die Gottscheer sind, wo sie gewohnt haben, wo sie jetzt wohnen usw. Und sie kommen aus aller Herren Länder, wie man dies im Besucherbuch feststellen kann. Die Gedenkstätte ist in der Welt in einer Weise bekannt, wie dies eine Zeitung oder ein Buch nicht vermögen. So wird die Gedenkstätte zur Künderin des Gottscheertums. Sie wird auch dafür sorgen, daß es nicht sobald ausstirbt.

So können wir alle stolz auf unser Werk sein, und uns glücklich schätzen, daß es uns, einer so kleinen Volksgruppe, mit Hilfe unserer Landsleute in Amerika gelungen ist, ein solch repräsentatives Ehrenmal zu erbauen und hiermit die Geschichte unserer alten Heimat Gottschee in so würdiger Form abzuschließen.

www.gottschee.de

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