Das letzte Kapitel der gemeinsamen Geschichte der Gottscheer Volksgruppe

Das Jahr 1941 hat den Gottscheern das Ende ihrer Existenz als Volksgruppe vorbereitet. Die Heimat Gottschee
wurde der italienischen Interessensphäre zugesprochen und die Gottscheer wurden umgesiedelt. Sie kamen in
ein Land, aus welchem andere Menschen zwangsweise ausgesiedelt wurden. Niemand von den Gottscheern
fühlte sich glücklich, denn die zugewiesenen Höfe und Betriebe konnte niemanden befriedigen. Der Gottscheer
ist ein ehrenwerter Mensch und konnte sich als solcher nie glücklich auf einem Betriebe fühlen, der nicht durch
eine reelle Art erworben wurde. Nochmals sei auf dieser Stelle hingewiesen, daß der Gottscheer im Ansiedlungsgebiet unglücklich war, aber den Sachverhalt nicht mehr ändern konnte. Er hat sich dem Schicksal gebeugt. Die Gottscheer Jugend wurde zur deutschen Wehrmacht eingezogen und die älteren Leute bewirtschafteten schlecht und recht das ihnen zugewiesene Land. Alle taten ihre Pflicht, niemanden wurde etwas zuleide getan.





Es kam das Jahr 1945 und mit ihm der totale Zusammenbruch des Deutschen Reiches. Die deutsche Wehrmacht wurde zerschlagen, die Soldaten zogen ungeordnet von den einzelnen Kriegsschauplätzen zurück und mit ihnen scharenweise heimatlose und entwurzelte Flüchtlinge. Männer, Frauen, Kinder und Greise, alles, was noch gehen konnte, die letzte Habe verloren, zog sich in Richtung Österreich und Deutschland, in der leisen Hoffnung, dort doch noch eine Rettung zu finden. Es begann eine Völkerwanderung, ohne ein eigentliches Ziel zu kennen.
Unter diesen Flüchtlingen waren auch die Gottscheer, ganz auf sich allein angewiesen. Keine Führung war da,
die irgendwelche Weisungen erteilt hätte. So kamen sie in die Steiermark und nach Kärnten, wo in einzelnen Auffanglagern oder auch unterm freien Himmel Halt gemacht wurde. Hier konnte erst das unüberschaubare
Elend überdacht werden. Niemand wußte einen Ausweg. Es begann wirklich der Kampf ums nackte Leben, denn
auch die Aufnahmestaaten lagen zertrümmert auf dem Boden. Städte und Betriebsanlagen sind dem Kriege zum
Opfer gefallen. Alles ist anscheinend verloren gegangen, aber eines ist geblieben, ein gesunder Lebenswille und
das Gottvertrauen. Die ärgste Zeit verging, die schlimmste Not wurde gelindert, Hilfe von Verwandten und Bekannten setzte ein. Besonders aus Übersee kamen die ersten Hilfsaktionen und nach dort wurden Kontakte aufgenommen. Schon Ende der vierziger und anfangs der fünfziger Jahre konnten die ersten Auswanderungen verzeichnet werden. Allmählich begann auch für die meisten Gottscheer Familien wieder der normale Alltag. Ein
geregeltes Leben stellte sich ein.

Mit einem unbeschreiblichen Fleiß, mit einer immensen Sparsamkeit und einem entsprechenden Arbeitswillen wurde bald wieder ein bescheidener Wohlstand erworben und ein Dach über dem Kopf erwirtschaftet. Der heranwachsenden Jugend wurde eine solide Ausbildung ermöglicht, so daß diese bald den schweren Schicksalschlag, den ihre Eltern erlitten haben, vergessen konnten. So finden wir heute Gottscheer in aller Welt in Positionen, die man sich vor vierzig Jahren nie erträumen hätte können. Auf allen Gebieten, in der Wirtschaft, in der Verwaltung und im Kulturleben treffen wir Gottscheer in Spitzenpositionen an. Ihre Arbeitsleistung und ihr Anteil beim Aufbau von Staat und Wirtschaft wird auch überall anerkannt und gewürdigt. Auch der Gottscheer Mensch hat wieder seine innere Ruhe und Befriedigung gefunden. Mit Stolz schaut er auf sein geleistetes Werk zurück und dankt auch dem Herrgott für den Segen, den er dem Gottscheer Menschen zuteil werden ließ. Aus Dankbarkeit hierfür schloß sich ein Großteil der Gottscheer zu einem Verein zusammen, den sie Gottscheer Gedenkstätte nannten. Aus eigener Kraft schufen sie ein Werk - eine Gedenkstätte - deren Größe weit über die Verhältnisse einer so kleinen Volksgruppe hinausgeht.


Mit einem Kostenaufwand von rund 3 Millionen Schillingen, die von opferwilligen Gottscheern aufgebracht wurden, wurde ein Bauwerk errichtet, das alles beinhaltet, was die Heimat zu bieten hatte. Es sei hier mit Stolz vermeldet, daß die Gottscheer Gedenkstätte fast alle Gottscheer Familiennamen und alle Ortsnamen in den Marmortafeln, die an den Wänden des Sakralraumes angebracht sind, verzeichnet hat. Das Land Gottschee wurde in Reliefform dargestellt, die Gottscheer Familie präsentiert sich in Tracht, die Exponate der geistig schaffenden Gottscheer werden in Vitrinen zur Schau gestellt und die Wände zieren Werke der Gottscheer bildenden Künstler. Auch der Gottscheer Heimarbeit wurde gedacht und ein Archivraum zeigt die Dokumente als Sammlung aus der Geschichte über Gottschee. Hier in Mariatrost hat der Verein Gottscheer Gedenkstätte ein Zentrum des Gottscheertums geschaffen und man nennt es die "geistige Heimat der Gottscheer". Den Mittelpunkt dieses Zentrums bildet der Tisch Gottes, ein Altar, an dem fallweise Meßopfer gefeiert werden. Daß nun Graz-Mariatrost zum Mittelpunkt des Gottscheertums auserkoren wurde, betrachten wir als Fügung Gottes.

Zum Abschluß dieses Gemeinschaftswerkes und vielleicht auch nach Vollendung des letzten diesbezüglichen
Werkes der Gottscheer danke ich als derzeitiger Obmann des Vereines allen jenen, die sich zur Mitarbeit und Mitgestaltung dieses Zentrums entschlossen haben.

Ich danke allen Spendern, Bausteinzeichnern und Förderern des Vereines für die materielle Unterstützung. Ich danke allen Mitarbeitern aus der Vergangenheit und den Mitarbeitern der Gegenwart, ich danke allen Ehrenmitgliedern des Vereines für den selbstlosen Einsatz für die gute völkische Sache der Gottscheer.


Ich verneige mich in tiefer Ehrfurcht vor den Opfern der Heimat und vor allen verstorbenen Mitgliedern, mögen
sie ruhen, wo immer sie wollen und ich bitte den Allmächtigen, auch weiterhin die schützende Hand über die
Gottscheer Gemeinschaft zu halten.


OSR Heinrich Schemitsch e. h.
Obmann des Vereines Gottscheer Gedenkstätte

www.gottschee.de

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