Verkehrswege von Gottschee, Dr. Hugo Grothe, 1931


Lage und Aufbau der einzelnen Talböden begünstigt wenig die Verbindung derselben untereinander. Entweder sind die trennenden Bergrücken in mühsamen Märschen und Fahrten zu übersteigen oder es muß ein noch zeitraubenderer Weg genommen werden, der um den Sporn der Bergzüge herum führt. Es liegt auf der Hand, daß dieser Abschluß der Hauptsiedlungsgegenden voneinander ein trennendes Moment mit sich brachte, das sich wirtschaftlich und politisch ungünstig auswirkte. Nur die Gottscheer Hauptmulde und das Rieger Becken sind durch eine zwischen dem Friedrichsteiner Walde und der Skortener Bergkuppe sich öffnende Pforte bequem zu erreichen.



Landkarte Wirtschaft und Verkehrswege
, H. Grothe, 1931


Aus dem Gottscheer Boden steigt die Straße steil 100 Meter nach Stalzern hinauf, um von dort in westlicher Richtung nach dem Rieger Becken abzubiegen, in südlicher Fortsetzung aber nach Banjaloka und weiter über die Kulpa nach Delnice in Kroatien langsam hinabzuführen.

Die einzige große, die Sprachinsel schneidende Verkehrslinie hat Nordsüdrichtung. Das ist der alte Weg Laibach-Reifnitz-Gottschee-Delnice-Fiume. Sonst laufen außer dem Nordoststrange Gottschee-Malgern-Altlag die dem Gottscheer Hauptbecken selbst dienenden Hauptverkehrswege von Nordwesten nach Südosten. Dies gilt für die Bezirksstraße Gottschee-Nesseltal-Stockendorf-Wertschitsch, die gen Nordosten nach Tschermoschnitz abbiegt, wie für die Chaussee Mösel-Graflinden-Unterdeutschau, die von letzterem Orte ostwärts am Plateaurande bis Maierle führt und alsdann in die Ebene der Krainer Mark um Tschernembl in verschiedenen Kehren hinabgleitet. Diese beiden inneren West-Oststraßen haben Querverbindungen von Nord nach Süd, die Nesseltal mit Unterdeutschau und Stockendorf mit Maierle in Berührung setzen. Einer großen, die Sprachinsel von West nach Ost schneidenden Verkehrsstraße stehen die breiten Riegel der einzelnen von Nordwesten nach Südosten streichenden Berggruppen entgegen.

Außerdem hat die Fürstlich Auerspergsche Forstverwaltung auf eigene Faust und mit eigenen Mitteln gute Wege auf den Strecken angelegt, die der Abfuhr ihrer Holzstämme zu den Eisenbahnverladeorten oder zu ihren Holzsägewerken zu dienen haben. Das ist die Straße vom Mittelpunkte ihres Betriebs im Hornwald über Ober-Steinwand und Pogorelz nach Pöllandl, sowie eine solche von der Hegerstation Bärenheim auf der Höhe des Göttenitzer Berges talabwärts nach Suchen. Mit diesen genannten Straßen sind die auch bei schlechter Witterung für Fuhrwerk und Automobil leidlich gangbaren Wege aufgezählt. Sonst bleiben nur Fußpfade, die von Dorfschaft zu Dorfschaft über Hänge und Bergrücken führen. Auf den oben genannten Gottscheer Straßen findet auch täglicher oder an mehreren Tagen der Woche laufender Pferde-Postdienst statt. Die Postwagen sind freilich Bauerngefährte mit quer aufgeschnalltem Sitzbock, so daß eine derartige Postfahrt nicht zu den Annehmlichkeiten einer Gottscheereise gehört.

Neuerdings verkehren Autobusse: 1. von Gottschee nach Rieg, 2. von Gottschee über Mösel und Unterdeutschau nach Nesseltal, 3. von Gottschee über Stalzern nach Banjaloka und Delnice.


Einen Nachrichtendienst, der später wohl zu regelmäßigen Botengängen zur Beförderung von Briefen führte, brachten die Türkenkriege zur Entwicklung. Signalfeuer (sogenannte Kreutfeuer) liefen von den Burgen Kostel und Pölland über die weite Aussicht nach Kroatien zu bietende Spahakuppe bei Preriegl, dann über den Friedrichstein nach St. Anna bei Reifnitz und weiter über die Bergschlösser Ortenegg, Auersperg und Sonneck nach Schloß Laibach. Die Untertanen der Herrschaft einer Anzahl von Dörfern hatten, wie aus dem Urbar hervorgeht, Kundschaften und später Briefposten nach Reifnitz, Seisenberg und Möttling zu tragen. Zum Schutze gegen die Überfälle der Türken wurden im Gottscheer Land sog. Tabore gebaut, den Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen vergleichbar, in die sich die Bevölkerung mit ihren wertvollsten Haben flüchten und auch
verteidigen konnte. Der unruhige Feind ließ sich auf eine Belagerung selten ein, sondern zog bald weiter, wenn er Widerstand fand. Die Lage der in der Karte verzeichneten Tabore läßt die Angriffslinie der Türken aus Südosten und Süden deutlich erkennen.



Karte Besiedlung des Gottscheerlandes, H. Grothe, 1931


Es hat bis weit ins 19. Jahrhundert gedauert, bis das Gottscheer Land vom regelmäßigen Verkehr erreicht wurde. Wir wissen wohl, daß sich zeitweise ein Handelsaustausch vom nördlichen Krain nach der Adria entwickelte, der seinen Weg durch Gottschee nahm. So begannen die Gottscheer im 15. Jahrhundert "auf Saumrossen" Handelswaren über Kostel nach Kroatien und Fiume zu führen. Aber die Eifersucht der Laibacher wurde bald rege, so daß auf ihre Beschwerde hin die Linie von Laibach nach Reifnitz und Gottschee auf kaiserlichen Befehl für den Adriahandel gesperrt wurde. Die Gottscheer also vermochten keine gangbaren Handelsartikel zum weiteren Verschleiß außer ihren selbstgefertigten Leinen- und Holzwaren auf die südlichen Märkte zu bringen.

Diese mittelalterlichen Verhältnisse herrschten bis 1844. Damals wurde eine Postkutschenfahrt mit staatlicher Unterstützung eröffnet, die dreimal wöchentlich vor sich ging. Noch in den zwanziger Jahren marschierte auf eigene Rechnung und Gefahr ein Bote zu Fuß von Gottschee nach Laibach, der eine halbe Woche für die Beförderung von Briefen und Drucksachen nach der Hauptstadt Krains benötigte. 1857 zog die Postkutsche bereits dreimal wöchentlich des Wegs, wurde auch für zwei Tage in der Woche eine Postbotenfahrt zwischen Gottschee und Rudolfswerth eingerichtet. Im Frühjahr 1873 kam es endlich zu einer täglichen Verbindung zwischen Laibach und Gottschee. Auch mußte die k. k. Posthalterei dreimal in der Woche die Postfahrten ins Kroatische nach Brod an der Kulpa ausdehnen.

Das Idyll der Postkutsche mit Postillon und Posthorn führte sein Dasein bis 27. September 1893, dem Tage, an dem der erste Zug von Laibach über Großlupp einlief. Bis dahin zogen, wie die Kartel veranschaulicht, die Eisenbahngleise Krains und Kroatiens im Halbbogen um Gottschee und ließen die Sprachinsel als für den modernen Verkehr völlig tote Landschaft unberührt in ihrer Mitte.




Geographische Lage des Gottscheerlandes. H. Grothe, 1931


Lange hatte es gewährt, bis dieses Stück der Südkrainer Bahnen zur Vollendung kam. Die Pläne zu ihrer Durchführung gehen in die Sechziger Jahre des letzen Jahrhunderts zurück. Schon damals hatte eine technische Vermessungskommission die Trasse studiert, deren Feststellungen 1872 von militärischen Sachverständigen nachgeprüft wurden. Aber die wirtschaftliche Katastrophe der berüchtigten Gründerjahre, die 1873 in Wien ausbrach und Kapital und Unternehmungsgeist in Mitteleuropa für Jahre schwächte, schob die Inangriffnahme des Baues fast zwei Jahrzehnte hinaus. Erst seit 1885 wurden die alten Projekte wieder vom Krainer Landtag und von Gottscheer Kreisen lebhafter zur Sprache gebracht. Dies namentlich, als das Gottscheer Kohlenflöz von einem in Wien gebildeten Unternehmen, der "Trifailer Kohlenwerksgesellschaft", angekauft wurde.



Trifailer Aktie, 28.Oktober 1880


Eine Reihe von Finanzierungsverpflichtungen, so des Landes Krain, der genannten Kohlenwerksgesellschaft (jährlich zugesagte Verfrachtung einer bestimmen Menge von Braunkohle), die Übernahme von größeren Partien Stammaktien durch die Krainer Sparkasse, den Fürsten Auersperg und zahlreiche Gottscheer Gemeinden und Bürger führte schließlich 1893 zur Verwirklichung der Linie Laibach-Großlupp-Gottschee, der die Strecke Großlupp-Rudolfswerth ein Jahr später folgte.

Der Strang Laibach-Gottschee ist gegenwärtig leider noch eine Sackbahn. Obwohl seit 1920 sich wiederholt Bemühungen regten, den Anschluß an die Linie Agram-Karlstadt -0gulin bei Delnice zu betreiben, haben finanzielle Schwierigkeiten bis heute ihren Erfolg scheitern lassen. Es liegt auf der Hand, daß die verkehrspolitischen und strategischen Vorteile des jugoslawischen Staates durch direkte, allein auf eigenem Boden laufende Eisenbahnen von Laibach nach Suschak und von Ogulin durch Kroatien nach der Adria, vor allem nach Split (Spalato), außerordentliche sind. Der gesamte Verkehr dorthin, der aus Österreich, der Tschechoslowakei und Süddeutschland seinen Ausgang nimmt, kann dann auf kürzerem Wege unter Ausschaltung des italienischen Stückes der Linie Laibach- Fiume von Nord nach Süd durch das ganze Gottscheer Land geleitet werden.

Ob die Verbindung der Gottschee zum Eisenbahnstrang Karlstadt-Suschak über Gottschee-Mösel-Unterlag-Kulpa-
Ü
berschreitung bei Gereuth, also durch die Gottscheer Hauptfurche und seine südöstliche Fortsetzung und weiter unter Abstieg in die Unterlager Talmulde nach Brod-Moravice oder von der Stadt Gottschee unmittelbar südlich über den Skortener Sattel nach Stalzern-Mrauen-Banjaloka-Delnice hergestellt wird, ist für solche Ziele des Ausbaus der Unterkrainer Bahnen ziemlich belanglos.

In Vorschlag gebracht worden ist auch eine kürzere, aber kostspieligere Route, nämlich eine Führung der Linie von Reifnitz her durch das obere Göttenitzer Talbecken bis Göttenitz. Dann würde durch eine Untertunnelung des Göttenitzer Berges Ossiunitz an der Kulpa erreicht und die Bahn den Fluß abwärts nach Brod an der Kulpa geführt werden, womit ein mehr westlich liegender Anschluß an die Strecke Ogulin-Suschak und Ogulin-Split gegeben ist. Namentlich dem leichten Abtransport des im Göttenitzer und Morobitzer Gebirge in Fülle vorhandenen Holzes würde sicher diese Bahn ungemein förderlich sein. Es scheint, daß endgültige Beschlüsse über die Wahl des Schienenweges noch nicht gefaßt sind.

Das Gottscheer Land wird ohne Zweifel durch den Ausbau der Unterkrainer Bahnen, in welcher Richtung sie sich künftig auch bewegen, eine neue wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung seiner Wirtschaft erhalten. Freilich dürfte die Lösung aus der bisherigen Isolierung und die Auferstehung der Gottschee zu einem lebhaft durchzogenen Durchgangslande dem Gottscheer Volkstum manche Gefahren bringen, denen es nur zu begegnen vermag, wenn es vorher eine stärkere innere Festigung auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiete erreicht hat.

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